„Auferstehung“ – alles beim Alten

https://www.youtube.com/watch?v=ucUbAAMEF8M

Schon wieder ein Bibelfilm? Noah, Exodus – und nun „Auferstanden“ (Originaltitel: „Risen“), die Erzählung von der Auferstehung Jesu? Offenbar erlebt die Bibel derzeit eine Renaissance als Drehbuchvorlage. Wo die monumentalen Verfilmungen der alttestamentlichen Geschichten um Noah und Mose jedoch tief in die Special-Effects-Kiste greifen und durch imposante Bilder beeindrucken wollen, schlägt „Risen“ deutlich leisere Töne an. Schon am Budget ist das erkennbar: Bei Noah und Exodus weit über 100 Millionen Dollar, arbeitet Regisseur Kevin Reynolds („Robin Hood, König der Diebe“, „Waterworld“) mit gerade einmal rund 20 Millionen Dollar.

Und so wartet „Auferstehung“ auch nicht mit einem bildgewaltigen Bibelepos auf. Die Geschichte beginnt als Thriller: Im Jerusalem des Jahres 33 ist der Leichnam des gekreuzigten Aufständischen Jeschua verschwunden. Die Anhänger des Hingerichteten behaupten steif und fest, dieser sei von den Toten auferstanden. Dem römischen Präfekten Pontius Pilatus (Peter Firth) liegt angesichts des bevorstehenden Besuches des Imperators viel daran, dieses Gerücht und damit potenzielle Unruhen im Keim zu ersticken. Er ist fest davon überzeugt, die Anhänger selbst hätten den Körper gestohlen. Pilatus beauftragt seinen Tribun Clavius (Joseph Fiennes, „Shakespear in Love“, „Luther“) und dessen Berater Lucius (Tom Felton, „Harry Potter“), die Sache aufzuklären. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn schon nach wenigen Tagen wäre ein Leichnam nicht mehr identifizierbar.

Reynolds versucht sich an dieser Fortsetzung der „Passion Christi“, Mel Gibsons brutaler Inszenierung der letzten zwölf Stunden in Jesu Leben, die mit Andeutungen auf die Auferstehung endet. Bis auf einige Szenen zu Beginn der Geschichte kommt der Film aber ohne übertriebene Gewaltdarstellungen aus. Stattdessen setzt er darauf, dass die Erzählung selbst wirkt.

Clavius, der Paulus

Die Geschichte der Auferstehung Jesu wurde bereits häufig erzählt. „Auferstehung“ aber wählt eine neue Perspektive: Die eines römischen Soldaten, der einen Kriminalfall aufklären muss. Zeugenbefragungen, Hetzjagden durch Jerusalem – Reynolds gelingt es, all dies glaubhaft und spannend umzusetzen. Ohne Effekthascherei, mit gut besetzen Hauptdarstellern. Joseph Fiennes und Tom Felton überzeugen als Ermittler-Team. Fiennes schafft es, die enormen inneren Konflikte des faktengläubigen Clavius bis zuletzt überzeugend auf die Leinwand zu bringen.

Denn Clavius beginnt immer mehr, an der offiziellen Variante eines Leichen-Diebstahls zu zweifeln. Er fängt an, seinen Glauben den Fakten anzupassen, die sich ihm im Zuge der Ermittlungen darlegen. „Ich verfolge ihn, den Nazarener, um die Wahrheit aufzudecken“, lautet schließlich sein Quasi-Bekehrungssatz, der ihn zum Feind in den eigenen Reihen macht. Parallelen zwischen Clavius und der Figur des frühchristlichen Missionars Paulus sind unübersehbar – ein harter Verfolger der ersten Christen wechselt die Seiten.

Bibel-Statement ohne Raum für Zweifel

Und hier beginnt auch der schwächere Teil des Films. Denn die Auflösung des Falls folgt auf den Fuß, viel zu früh und viel zu eindeutig. Und mit ihr geht auch die Spannung verloren. Der Versuch, die Jagd nach einem verschollenen Leichnam in eine gleichermaßen spannende Jagd nach der Wahrheit zu verwandeln, scheitert über weite Stecken. Mit dem inneren Wandel des römischen Verfolgers steht außer Frage, wohin die Reise geht. Der Thriller wird zum netten Bibelfilm, den man schon in Dutzenden anderen Varianten gesehen hat. Schön inszeniert zwar, aber ohne Überraschungen.

„Auferstehung“ verkommt auf diese Weise zu einem Statement: Die Filmemacher wagen sich an keine Interpretation der biblischen Überlieferung, halten sich eng an das Grundgerüst. Sie hinterfragen nicht, zeigen keine alternativen Deutungen auf, lassen nichts offen, spinnen keine weiteren Handlungsstränge.

Man könnte dieses enge Umklammern des fast 2000 Jahre alten Drehbuchs mangelnde Kreativität nennen. Eine vertane Chance, dem Ganzen einen völlig neuen Dreh zu geben. Oder aber man kann es als das sehen, was es offenbar sein will: der Versuch, diese Erzählung für sich selbst sprechen zu lassen. „Auferstehung“ wird dann zur gelungenen Neuverfilmung einer alten Geschichte, erzählt aus einer bislang unbekannten Perspektive. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.

(Dieser Artikel erschien zuerst auf n-tv.de.)

Pop-Abendmahl: Kuss statt Wein

Derzeit sorgt ein Berliner Künstler für Gesprächsstoff: Max Gruber, der „Zuchtmeister deutscher Popmusik“, wie ihn das Spex-Magazin betitelt, wartet im April mit seinem Debütalbum („Harieschaim“) auf. Die Single „Allan Align“ seiner Band Drangsal gibt es als Vorgeschmack bereits als Musikvideo zu sehen. Und, wie könnte es an dieser Stelle anders sein: Es strotzt vor religiöser Symbolik.

Eine verzweifelte Frau sitzt in ihrer Wohnung, ganz offenbar nach einem Rosenkrieg. Die Hände zum Gebet gefaltet, wippt sie unruhig und verzweifelt vor und zurück. Dann verlässt sie die Wohnung, macht sich auf den Weg in eine kleine Kirche. Dort trifft sie den Priester, der ihr schließlich eine Hostie in den Mund legt, sie beruhigt. Statt Abendmahlswein gibt es jedoch einen innigen Kuss, am Ende der Szene stehen die beiden eng umschlungen vor dem Kreuz, „Engtanz“, beschreibt Spex diese Szene. Gedreht wurde das Ganze im Norden Berlins, in der Dorfkirche von Hermsdorf.

Brot und Kuss

Wie ich in der dreifachglauben-Kolumne schonmal kurz dargelegt habe, hat mich das Video zunächst irritiert. Ich mag zugegebenermaßen die Musik; neben den erotischen Anspielungen hat mich aber vor allem das Selbstzüchtigen des Priesters in dem Video gestört (1:23min). Ein plattes Klischee.

Je mehr ich aber über das Video nachdenke, desto gelungener finde ich es. Die erotische Ebene mag zunächst als blasphemisch empfunden werden, ist aber bereits in der Bibel zu finden. Man nehme nur das Hohelied – ein vor Erotik nur so strotzendes Buch, in dem zwei Liebende sich vor Lust kaum halten können. In seiner Auslegungsgeschichte wurde es immer wieder allegorisch auf die Beziehung Gott-Israel bzw. Gott-Kirche bezogen.

Das Musikvideo von „Allan Align“ treibt das auf die Spitze: Der Priester als Repräsentant Gottes. Die verzweifelte Frau, die Schutz und Ruhe sucht und diesen in der engen Vereinigung mit ihm findet. Das Abendmahl wird nur halb „vollzogen“, der Wein ersetzt durch den innigen Kuss der beiden. Realpräsenz ganz konkret?

Und dazu die Textzeilen am Ende des Videos: „You got to get going now, life it will not wait“. Man könnte interpretieren: Das Zur-Ruhe-Kommen in Gott ist (lebens-)wichtig, aber es ist nicht alles. Die Textzeilen entlassen die nun beruhigte Seele wieder in die turbulente Welt, in den Alltag. Das Leben geht weiter.

All das sind lose Gedankenspiele; in dem Video steckt noch so viel mehr drin. Und freilich: Für viele ist es vielleicht nichts anderes als gewollte Provokation, nichts anderes als das übliche Bedienen typischer Klischees. Ich glaube das nicht – aber was haltet ihr davon?

Gott, der pinkelnde Hirsch

Gestern hat mir Tobias von dreifachglauben den Link zu obigem Youtube-Video geschickt – eine großartige Parodie über die Spiritualität unserer Gesellschaft (gilt für Europa wie für die USA). Und für Theopop passt das ganze wie die Faust auf’s Auge. Schließlich war die Beobachtung, dass die Religiosität keineswegs verschwindet, sondern vielmehr aus ihrem institutionellen Gewand „auswandert“, ein Grund dafür, dass dieses Blog überhaupt ins Leben gerufen wurde.

Eigentlich spricht das Video für sich selbst. Ein paar Zitate möchte ich aber rausgreifen:

Richitg ist, was ich gut finde

„We are here today, because we reject the bullshit from one book, so that we can cherry-pick and choose the  bullshit we like better from a whole bunch of different books.“ („Wir sind heute zusammengekommen, weil wir den Schwachsinn aus einem Buch ablehnen, damit wir uns aus einer ganzen Reihe anderer Bücher den Schwachsinn zusammensuchen können, der uns besser gefällt.“) (0.27 min)

Das trifft den Nagel auf den Kopf. Weil ich mich damit in der Vergangenheit bereits auseinandergesetzt habe, fällt mir da sofort der Engelglaube ein. Engel sind unter anderem deshalb so beliebt, weil sie dogmatisch unbelastet sind und mit den Bedeutungen aufgeladen werden können, die der Einzelne (gerade) für wichtig hält. Sie erheben keinen (allgemeinen) Autoritätsanspruch, stellen keine Forderungen, sind nur für einen ganz persönlich da.

Und es passt doch in unsere individualisierte Welt, dass alleine das wichtig ist, was ich gut finde („cherry-picking“). Ein Buch wie die Bibel, voller Widersprüche, voller schwieriger Stellen, das einer (mitunter sehr anstrengenden) Auslegung bedarf – dafür ist kein Platz. Warum auch, wenn ich mir meinen Glauben viel einfacher zusammensuchen kann?

Erfahrung ist das A und O

„I’d like to read a passage from the moleskine I write ideas in when I’m stoned.“ („Ich würde gerne einen Abschnitt aus meinem Moleskine-Notizbuch vorlesen, in das ich Ideen reinschreibe, wenn ich bekifft bin.“)(ab 1.37 min)

Das Zitat steht stellvertretend für die Passage, die dann im Video folgt: Der Kiffer Jacob erzählt von seiner Erfahrung auf einem Festival. Er musste austreten und pinkeln, ist dabei einem Hirsch begegnet, hatte intensiven Augenkontakt, der Hirsch pinkelte ebenfalls. Das sei eine der spirituellsten Erfahrungen gewesen, die er jemals hatte, sagt Jacob. Was also, so fragt Jacob, wenn Gott kein „Er“ oder keine „Sie“ ist, sondern ein Hirsch?

Großartige Szene. Sie verdeutlicht einen weiteren Aspekt: In der populären Religiosität spielt die Erfahrung eine ganz zentrale Rolle. Glaubenssysteme wie der Engelglaube fordern kein Vertrauen auf ein vorgegebenes Glaubenssystem oder bestimmte dogmatische Grundsätze. Vielmehr wird andersherum ein Schuh draus: Das eigene Glaubenssystem konstituiert sich ganz maßgeblich aufgrund der Erfahrungen, die ich mache und wie ich diese deute. Das fügt sich ganz gut in den ersten Punkt: den Deutungshorizont stecke ich mir einfach selbst ab, indem ich mir – woher auch immer – mögliche Erklärungen zusammensuche und daraus meine eigene schaffe. Eine solche „Flexi-Religion“ passt sich jederzeit an meine Lebenswirklichkeit an. So kann Gott problemlos zum Hirsch werden, der zeitgleich mit mir pinkelt.

Religion, Spiritualität – was denn nun?

„Spiritual, but not religious.“ („Spirituell, aber nicht religiös.“)

Noch ein kurzer Gedanke zum Titel des Videos. Auch in christlichen Kreisen ist es üblich, sich als „nicht religiös“ zu bezeichnen. Weil Religion für viele jenen institutionellen Touch hat, weil der Begriff angeblich für ein festes Regelwerk steht (letzteres geht zurück auf die etymologische Herleitung des Wortes). Spirituell? Ja, klar – schließlich impliziert dieser Begriff wiederum, dass ich für mich selbst eine (wie auch immer gestaltete) Beziehung zu „etwas Geistlichem“ habe. Damit können sich nicht nur Christen, sondern ein sehr viel breiteres Spektrum an Menschen identifizieren.

Nun gibt es freilich unzählige Definitionen des Begriffs „Religion“. Ansätze wie etwa die bekannten von Friedrich Schleiermacher (Religion = „Gefühl schlechthinniger Abhängigkeit von Gott“) oder Paul Tillich (Religion = „das, was uns unbedingt angeht“) sind sehr viel offener gestaltet – bei Tillichs Ansatz braucht es noch nicht einmal einen Gott, um religiös zu sein.

Was der Titel dieses Satire-Videos (natürlich in Kombination mit der Verballhornung im Video selbst) gekonnt auf den Punkt bringt: Viele Leute wissen überhaupt nicht, wovon sie reden. Begriffe werden benutzt, weil sie gut klingen. Und so kommt es zu einer Differenz zwischen der Eigen- und Außenwahrnehmung, derer man sich bei der Beobachtung solcher Phänomene wie dem Engelglauben – oder jeder beliebig anderen Form populärer „Spiritualität“ – bewusst sein sollte: Was für den einen ganz klar eine Form von Religion ist ist, ist für den anderen „spiritual, but not religious.“

Bruder Gabriel, der skatende Mönch

Kürzlich bin ich auf dieses Video gestoßen, das mich wirklich fasziniert hat: Ein Mönch und sein Skateboard, schöne Aufnahmen und – wie ich finde – ein gelungenes Musikvideo zum Gesang des „Salve Regina“ (das der skatende Mönch hier übrigens selbst singt, auch wenn das im Video nicht sichtbar ist).

In dem Video zu sehen ist der Franziskanerbruder Gabriel, er und ein weiterer „Skater-Mönch“ erzählen in einem anderen Video wie sie ihre Berufung zum Klosterleben erfahren haben. Beide waren vor ihrer Zeit als Mönche begeisternd skatende Teenager.

Ich habe mich gefragt: Was macht für mich die Faszination des obigen Videos aus? Vielleicht sind es die komplett unterschiedlichen Assoziationen, die (ich als jeweils komplett Außenstehender) mit dem Leben eines Mönches und  dem eines Skaters verbinde. Die „schnelle Welt“ der skatenden Jugendlichen – da läuft laute HipHop-Musik, da wird gekifft, gefeiert, getrunken, gefallen, aufgeschürft. Im Gegensatz dazu: Das Klosterleben. Entschleunigt. Dem „hier und jetzt“ entzogen. Einsamkeit. Stille.

Skaten in der Einsamkeit

Der skatende Mönch verbindet diese Welten, die so unterschiedlich scheinen, gibt ihnen einen gemeinsamen Nenner. Nimmt das Tempo aus dem, was beim Skaten eigentlich sehr schnell gehen muss, um physikalisch zu funktionieren (im Video sehr schön umgesetzt). Holt zugleich anachronistisch Anmutendes in diese Welt: Ein Mönch in Kutte, das sieht man nicht alle Tage. Ein Mönch in Kutte auf dem Skateboard – das sieht man niemals.

Bruder Gabriel sagt über sein Klosterleben: „Unser höchstes Ziel im Leben ist, uns selbst zu heiligen und in der Liebe Gottes zu wachsen. Und sehr oft tun wir das in der Einsamkeit.“ Und es scheint mir, als sei dieser Aspekt in dem Video beibehalten, ja sogar bewusst inszeniert worden. Der Mönch skated einsam, die Geselligkeit eines Skateparks fehlt komplett. Er fährt einsam durch Natur (z.B. 0:50 min; 1:28 min) und verlassene Parks (z.B. 1:32 min), sitzt alleine mit seinem Board auf einem Steg (0:55 min), nur in einer Szene sieht man im Hintergrund kurz andere Menschen (0:56), die aber alles andere als im Fokus stehen.

Kombiniert man das Video mit der Aussage von Bruder Gabriel, könnte dies der Inszenierung des Videos eine zusätzliche Ebene geben: Der einsam skatende Mönch, der in seinem Tun nach dem höchsten Ziel im Leben strebt. Transzendenzerfahrungen beim Skaten gewissermaßen. Warum eigentlich nicht?

Das Evangelium nach Homer

(Bild: fm/TheoPop)
„Das Evangelium nach Homer“ ist im Brendow-Verlag erschienen und kostet 12,95€. TheoPop wurde dankenswerterweise ein kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. (Bild: fm/TheoPop)

Theologie und die Simpsons – auf den ersten Blick eine merkwürdige Kombination. Doch wer bereits die ein oder andere Folge der Comic-Serie gesehen hat, der weiß: Theologie und Simpsons – das passt ganz gut zusammen! Denn häufig werden in Springfield theologische Fragen behandelt, die auch innerhalb der Serie Antworten erhalten. Mal mehr, mal weniger durchdacht. TheoPop hat sich bereits in zwei Beiträgen den Simpsons und der Theologie gewidmet (hier und hier).

Der Theologe Sebastian Moll hat nun ein ganzes Buch zum Thema verfasst: „Das Evangelium nach Homer“. Angesichts zahlreicher „Das Evangelium nach …“-Publikationen kein sonderlich kreativer Titel, aber man weiß, woran man ist. Moll nimmt sich auf Grundlage von Simpsons-Folgen große Themen des Christentums vor, wie zum Beispiel das Problem der Theodizee, das Gebet, den Umgang mit anderen Weltreligionen, die Rolle der Institution Kirche oder das Verhältnis von Wissenschaft und Religion. Seine Ausführungen hält er dabei knapp (immerhin geht er acht Themen auf 130 Seiten durch) und führt immer wieder – wie etwa beim Problem der Theodizee – dogmengeschichtliche Anmerkungen an.

Erfrischend ist der Schreibstil des Buches, es liest sich gut und amüsant. Auch gut: Als Grundlage dient Moll auch nicht die deutsche Übersetzung der Serie, im Gegenteil. Der Autor kritisiert diese häufig und verweist auf das Original. Wirklich störend ist hingegen, dass beim Layout bzw. Lektorieren nicht besonders sorgfältigt gearbeitet wurde. Zahlreiche Apostrophe werden als Anführungszeichen dargestellt (z. B. Seite 62: „Was du nicht willst, dass man dir tu“, das füg“ auch keinem anderen zu“) und an manchen Stellen finden sich am Zeilenende unmögliche Worttrennungen (S. 69: Stralsu-nd).

Seitenhiebe gegen andersdenkende Christen

Zielgruppe des „Evangeliums nach Homer“ sind ganz klar Menschen, die aus einem (konservativ-)christlichen Hintergrund kommen. An vielen Stellen ist nicht nur das Vokabular eindeutig, sondern auch die Position Molls selbst (Seite 270: „Denn nur durch Christus, das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt, konnte diese Trennung, dieser Bruch, zwischen Gott und uns überwunden werden“). Der Autor bleibt also nicht nur beschreibend, sondern bezieht an vielen Stellen eindeutig Position. Grundsätzlich finde ich so etwas sehr erfrischend – doch bei diesem Werk ist es mir zu viel. Zumal es häufig bei süffisanten Randbemerkungen bleibt:

„In der sogenannten Bibel in gerechter Sprache, der größten Verzerrung des Gotteswortes in der Geschichte der Christenheit, […].“ (S. 28)

„Es lässt sich trefflich darüber streiten, ob die über 23 Millionen Mitglieder der EKD wirklich wollen, dass ihre Milliarden für die sogenannte Bibel in gerechter Sprache oder das Studienzentrum für Genderfragen ausgegeben werden. Eine einfache Lösung für den Missbrauch große Geldsummen wäre natürlich die Abschaffung der Kirchensteuer.“ (S. 95)

Und auch seine politische Position bringt Moll – ehemaliges AfD-Mitglied – mit ein. Als Homer in einer Folge einmal durch die Entfernung eines Wachsmalstifts aus seinem Hirn (ja, das auszuführen, dauert jetzt zu lange – vgl. hier) plötzlich intelligent wird, fängt er an, ein neues, einstufiges Steuermodell auszuarbeiten. Ähnlich dem, das die AfD fordert und das auch zu den Forderungen der Partei gehört, die Moll nach wie vor teilt. Molls Kommentar:

Dass Homer an einem derartigen Vorschlag arbeitet, ist ein dezenter Hinweis darauf, dass intelligente Menschen einen einheitlichen Steuertarif bevorzugen – aber das nur nebenbei.

Ja, man kann sich als Buchautor explizit als besonders intelligenten Menschen bezeichnen. Man könnte aber auch nochmal drüber nachdenken, ob das nicht vielleicht etwas arrogant wirkt.

Alles in Allem ist „Das Evangelium nach Homer“ ein guter Rundumschlag zu den theologischen Themen, die  bei den Simpsons auftauchen, mit vielen Beispielen aus der Serie. Diese Themen werden dem Leser unterhaltsam und kurzweilig nahegebracht. Eine objektivere Darstellung hätte ich mir an mehreren Stellen gewünscht, zumal von einem promovierten Theologen – man merkt sehr deutlich, aus welchem Lager Sebastian Moll kommt. Das heißt nicht, dass ich es besser fände, mit der eigenen Meinung hinter den Berg zu halten. Aber man kann sie ausgewogener und teils weniger herablassend äußern, als es hier der Fall ist.

Eine Leseprobe (*.pdf) gibt es direkt auf den Seiten des Verlages.

Diese Filme sind an „stillen Feiertagen“ verboten

(Bild: Screenshot der PDF-Liste, Klicke für komplette Datei)
(Bild: Screenshot der PDF-Liste, Klicke für komplette Datei)

Die Piratenpartei hat eine Liste von Filmen veröffentlicht, die nicht an sogenannten „stillen Feiertagen“ öffentlich vorgeführt werden dürfen. Eine spannende Liste (hier das pdf-Dokument), da zumindest mir nicht bekannt war, dass es in Deutschland überhaupt so etwas wie einen Feiertags-Index für Filme gibt.

In der Kommentarspalte unter dem Beitrag geht es schnell um ein Thema: die Trennung von Staat und Kirche. Hier auf dem Blog habe ich mich ja anlässlich des Tanzverbots an „stillen Feiertagen“ bereits ausführlich darüber ausgelassen, warum das Thema nicht zu einer solchen Diskussion taugt. (Ich betone nochmal ausdrücklich, dass die Diskussion an sich wichtig ist!)

Schaut man sich den Beitrag von Nerdcore zu dem Thema an, wird auch gleich wieder deutlich, dass angenommen wird, die Indizierung von Filmen (und das Tanzverbot) fände alleine „wegen der Befindlichkeiten von komisch angezogenen Fantasy-Fans“ [= Kirchenvertretern] statt. Lustigerweise wird direkt darauf der Volkstrauertag genannt, an dem sowohl Tanzverbot als auch besagte Film-Liste greift. Nur ist der Vokstrauertag, es sei nochmal betont, kein kirchlicher, sondern ein staatlicher Feiertag. Auch hier gilt wie beim Tanzverbot: Kirchenbashing = Thema verfehlt.

Man kann also gerne darüber diskutieren, inwieweit der Staat das Recht hat, Feiertage von anderen durch bestimmte Regelungen abzuheben und sie dadurch zu gewichten. Dass ich das in Ordnung finde, habe ich bereits gesagt.

Spaßeshalber habe ich mal noch die Irrelevanz dieser FSK-Indexliste nachgerechnet: 2015 kamen (dieser Auflistung zufolge) 763 Filme in deutsche Kinos. Ganze vier (!) davon haben es auf die FSK-Liste geschafft. Das sind rund 0,5 Prozent. Wow!

Nachtrag 16:16: Die FSK selbst hat eine Stellungnahme zu der Liste veröffentlicht, darin geht es um den gesetzlichen & geschichtlichen Hintergrund (hier zu finden). Spannend daran: Die Feiertagsfreigabe ist offenbar nur für öffentliche Kinovorführungen relevant (Nicht für TV; Video-on-Demand-Dienste oder Videotheken): „Das Kino ist von all diesen Zugangswegen der Einzige, der einer gesetzlichen Regulierung an den stillen Feiertagen unterliegt.“

Die „Kirche“ des riesigen Stöckelschuhs

Bei dieser Geschichte musste ich (mindestens) zwei Mal hinschauen, im ersten Moment habe ich das Ganze für einen Hoax gehalten. Aber es scheint tatsächlich zu stimmen: Taiwan hat nun eine „Kirche“ aus blauem Glas. Das ist noch nicht das Besondere daran. Seht selbst:

Ja, es ist tatsächlich das, wonach es aussieht: Ein gigantischer Stöckelschuh. Wenn ihr auf den Tweet klickt, könnt ihr die Bilder größer betrachten und euch selbst vergewissern. Das Gebäude besteht aus 320 getönten Glas-Paneelen, gekostet hat der Spaß rund 686.000 Dollar (knapp 630.000 Euro). Am 8. Februar soll das groteske Gebäude eröffnen.

Inwieweit eine Glaubensgemeinschaft tatsächlich mit dem Bau zu tun hat, ist mir aus den Berichten (z.B.: BBC, NY Times, Daily Mail) nicht klar geworden – es erweckt den Anschein, als stünde alleine der Staat dahinter. Zitiert werden immer nur Vertreter der lokalen Behörden, die den Bau des Schuhs offenbar in Auftrag gegeben haben. Zielgruppe sind, das sagen die Verantwortlichen ganz deutlich, Frauen. Ein Zitat gefällig? Bitteschön:

„There will be 100 female-oriented features in the church like maple leaves, chairs for lovers, biscuits and cakes.“ (Behördensprecher Zheng Rongfeng, zitiert nach der BBC)

Man darf vermuten, dass man mit dem kuriosen Glasgebäude in der Gegend vor allem den Tourismus ankurbeln will. In dem Stöckelschuh sollen außerdem keine gewöhnlichen Gottesdienste, sondern vielmehr Hochzeiten und Hochzeits-Fotoshootings stattfinden. Ganz abgesehen von den ziemlich sexistischen Aussagen zur Intention des Baus (jaaa – Frauen muss man eben nur mit glitzernden Schuhen locken!) steht noch eine lokale Geschichte hinter dem Bau, die man sich in der Gegend erzählt. In den 1960er Jahren soll eine 24-Jährige aus der damals verarmten Gegend an einer Art Wundbrand erkrankt sein, woraufhin ihr beide Beine amputiert werden mussten. Ihre geplante Hochzeit wurde abgesagt, sie blieb unverheiratet und verbrachte den Rest ihres Lebens in einer Kirche. Der riesige Stöckelschuh soll ihr ein Denkmal setzten.

Was macht eine Kirche zur Kirche?

Fassen wir zusammen: Das Gebäude wurde offenbar von lokalen Behörden gebaut, es werden dort keine regulären Gottesdienste abgehalten. Anlass für die Architektur, Gestaltung und Ausstattung sind merkwürdige Ansichten über Frauen und eine lokale Erzählung. Dadurch, das man das Ganze als „Kirche“ bezeichnet, bekommt man natürlich (siehe BBC und auch diesen Blogbeitrag) international Aufmerksamkeit, weil damit bestimmte Vorstellungen einhergehen.

Aber was macht denn einen Kirchenbau aus?  Hochzeiten kann man – nach evangelischem Verständnis – überall feiern (in der katholischen Kirche ist man da strenger, vgl. hier). Das allein macht also noch keine Kirche. Während in der katholischen Kirche eine bischöfliche Zustimmung und Weihe des Gebäudes entscheidend für den Status als Kirche ist, kann nach evangelischem Verständnis grundsätzlich jeder Raum „Kirche“ sein, der zum Beispiel für Verkündigung des Wortes Gottes und die Abendmahlsgemeinschaft genutzt wird.

Der Stöckelschuh soll nicht für normale Gottesdienste genutzt werden. Er ist also nicht dazu gedacht, Gläubigen einen Raum zu bieten, ihren Glauben gemeinschaftlich auszuleben. Selbst bei einem sehr weit gefassten Begriff von „Kirche“ denke ich, dass diese Bezeichnung in diesem Fall nichts als ein (gelungener?) PR-Coup ist. Ob Hochzeit oder nicht – der blau schimmernde Cinderella-High-Heel ist nichts anderes als ein ausgefallenes Denkmal.

„One Life“: Wenn der Tod im Spiel Konsequenzen hat

(Bild: http://www.onelifegame.com/)
(Bild: http://www.onelifegame.com/)

In der Computerspiele-Welt erfreuen sich sogenannte Ego-Shooter großer Beliebtheit. Ich bin da nicht mehr ganz aktuell, habe ich doch zu einer Zeit das letzte Mal mit Maus und Tastatur geballert, als „Counterstrike“ noch als das Nonplusultra galt. In den letzten Monaten sorgt ein neues (angekündigtes) Spiel für etwas Aufsehen: „One Life“.

Was ist daran besonders? Normalerweise läuft das bei Multiplayer-Spielen, stark vereinfacht, so: Man beginnt, ballert, stirbt, beginnt wieder, ballert, stirbt. Der Tod im Spiel bringt höchstens einen Verlust im Fortschritt (= „Reset“). „One Life“ ist nun deshalb besonders, weil der Name Programm ist: Jeder hat nur ein Leben. Stirbt der eigene Charakter im Spiel, war’s das. Finito. Keine zweite Chance, kein Reset. Nach Angaben der Entwickler wird das Spiel auf der Festplatte dann unbrauchbar. Eine Frage liegt dabei auf der Hand: Wer würde sich so ein Spiel zulegen? Die Antwort: Viele. Bei Steam, einer Internet-Vertriebsplattform für Spiele, stößt „One Life“ mit dem Konzept bereits auf großes Interesse. Das Spiel soll 14.99 $ kosten und kann bereits vorbestellt werden. Wann es erscheint, ist noch unklar.

Der Tod bekommt Bedeutung

Doch was macht den Reiz aus? Die Entwickler stemmen sich gegen die bei herkömmlichen Ego-Shootern übliche Reinkarnation. Einer der Entwickler von „One Life“ beschreibt das in einem Video so:

All of us like different survival games. We like to survive, to crawl, to die. We get very upset if we die. But recently there’s been some stagnation in the genre. There ist really nothing to play. Emotions fade away. So we’ve decided to shake up the genre and add something completely new, something tough.

Innovativ ist das nur in der Hinsicht, dass man einen endgültigen Tod nun vollständig in die Welt der Computerspiele einbringt – und damit nach Aussagen des Entwicklers ganz neue Gefühle der Spieler wecken möchte. Der Tod bekommt plötzlich eine Bedeutung, die über das Ärgern über den Verlust eines Fortschrittes hinaus geht.

Doch damit nicht genug. Es bringt eine weitere Dimension in das Spiel, mit der die Entwickler auch werben:

When the enemy is defeated, you decide his fate. Forgive, humiliate, finish off, take everything he has – it’s your choice. Saved life of some loser? Take them captive and make them work off. They will do everything to be free again. No other game will give you this feeling of power over other people.

Könnte man das mit Sadismus beschreiben? Sicher ist jedenfalls: Durch die Endgültigkeit des Todes erhält dieser Aspekt in „One Life“ eine herausstechende Bedeutung. Die Macht, mit dem Besiegten tun und lassen zu können, wie es mir beliebt. Auf ihn zu urinieren (siehe Trailer), ihn einzusperren, kurz: Ihn zu demütigen. Und so manchen Spieler stößt das auch ab: „Brauch ich echt nicht. Auch möchte ich nicht andere Spieler mich um ihr Leben anbetteln lassen wollen, so pervers, um mich an so etwas zu ergötzen, bin ich dann doch nicht“, schreibt etwa ein Leser in einem Kommentar bei „Games Aktuell“.

Leben ohne Tod verliert seinen Wert

Doch zurück zum eigentlichen Thema: Mit „One Life“ wird die in Ego-Shootern übliche Reinkarnations-Vorstellung durchbrochen, mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringt. Und das ist vor allem diejenige: Der Wert des Lebens wird gesteigert. Wenn der Tod das (aus christlicher Sicht: irdische) Leben beendet, hat es dann nicht eine viel größere Bedeutung, als wenn man ohnehin wiedergeboren wird? Ich möchte mal etwas provokant formulieren (Widerspruch willkommen ;-)): Der Reinkarnationsgedanke entwertet das Leben.

So gesehen bin ich zwiegespalten. Einerseits finde ich die genannten und beworbenen sadistischen Aspekte von „One Life“ abstoßend und erschreckend. Andererseits finde ich den Gedanken äußerst spannend, gerade in der Egoshooter-Welt, die von Tod und Gewalt geprägt ist, den Wert des Lebens plötzlich auf eine (freilich: mehr oder weniger) realistische Ebene zu heben. Was denkt ihr darüber?

Die 5 besten schlechten christlichen Videos

Das Internet kann fies sein. Es vergisst nicht. Genau deshalb kann das Internet aber auch unglaublich lustig sein. Wie wir auf diesem Blog bereits gelernt haben, ist es wichtig, auch über den eigenen Glauben zu lachen und über die Kuriositäten, die dieser mitunter hervorbringt. Und das sind die folgenden fünf Fundstücke ganz gewiss. Die meisten davon vor allem lustig, bei Nr. 4 und Nr. 2 tendiere ich eher zu gruselig. Und ich bin gespannt auf Ergänzungen in den Kommentaren!

5. Platz

Er hat es bestimmt gut gemeint mit dem Tanzen.

4. Platz

Die PBC darf natürlich nicht fehlen, auch dieser legendäre Wahlwerbespot von 2013 nicht:

3. Platz

Gänsejagd und Luftgitarre ab Minute 2:37. Großartig nasales Video!

2. Platz

Folgendes Video müsst ihr leider auf Youtube direkt anschauen. Anja Schraals Videos sind insgesamt sehr „sehenswert“, weil gruselig. Das hier macht mir besonders viel Angst. Wer noch nicht genug hat, dem lege ich insbesondere noch die Inszenierung des Vater Unsers ans Herz.

1. Platz

Ohne Worte. Ton raufdrehen! Nirgends angucken, wo ihr nicht lachen könnt/dürft (Bibliotheksverbot!) … Der Pianist jedenfalls hat Humor. Höher, immer höher!

 

PS: Alle Videos stammen entweder aus offiziellen Veröffentlichungen der Protagonisten oder aber wurden auf öffentlichen Veranstaltungen aufgenommen.

Horror, Porno, Trash – und das in der Bibel ?!

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„Pulp Christian!“ ist im April 2015 im Schwarzkopf &Schwarzkopf-Verlag erschienen und kostet 9,99 €. ISBN 978-3-86265-482-6. (Bild: fm/theopop.de)

Gute Satire ist nicht zu verachten: Wenn Autoren gekonnt humorvoll oder sarkastisch böse Probleme aufzeigen, Heucheleien aufdecken oder Missstände anprangern, ist das meist nicht nur amüsant zu lesen – es erfüllt auch einen wichtigen Zweck. Eine besonders große Angriffsfläche in dieser Hinsicht bietet die Kirche, vielleicht sogar Religion an sich. Und genau dieser Thematik widmet sich Mario Urban in seinem Erstlingswerk „Pulp Christian!“, dem – so heißt es im Untertitel – „Ultimativen Soap-Opera-Trash-TV-Porno-Horror-Buch“, das dem Leser einen „neuen Führer durch die Bibel“ verspricht.

Urban hat es sich zur Aufgabe gemacht, jene Stellen der Bibel herauszupicken, die in der Regel nicht von den Kanzeln gepredigt werden. Nach Themen sortiert und vom Autor kommentiert finden sie in „Pulp Christian!“ ihren neuen Kontext. Was durchaus Stoff für ein lustiges, gut zu lesendes Buch hätte, ist leider nicht mehr geworden als 384 Seiten pubertierenden Geredes. Vom „feinen Humor“, den der Buchrücken verspricht, ist nichts zu sehen. Urban zeigt zwar mit dem Finger auf Stellen, die durchaus Potenzial zu spöttischen Kommentaren haben – nur schafft er es nicht, aus der Reserve zu locken. Seine Äußerungen bleiben oberflächlich und platt, funktionieren nur, wenn man jeglichen Verstand über Bord wirft und damit auch den Versuch, die Verse der Bibel in ihren jeweiligen historischen Kontext einzuordnen. Freilich: Genau das ist es, was der Autor versucht. Zu provozieren, indem Erzählungen gewollt aus dem Zusammenhang gerissen und in einen neuen gesetzt werden. Nur leider gelingt es ihm nicht, das so zu tun, dass der Leser dabei unterhalten wird.

„Die Autoren der Bibel können es besser“ – richtig!

Um zu verstehen, wie „Pulp Christian!“ funktionieren soll, reicht es, einen kurzen Absatz zu zitieren. So kommentiert Urban etwa die Bibelstelle aus Exodus 21,15.17:

Wer Vater und Mutter schlägt, der soll des Todes sterben. […] Wer Vater und Mutter flucht, der soll des Todes sterben.

mit den Worten

Wenn sich alle Menschen an die Gesetze unseres HERRN halten und respektlose Kinder steinigen würden, hätten wir sicherlich nicht das Überbevölkerungsproblem, das wir heute haben. Wahrscheinlich hätten wir gar keine Probleme mehr (weil es niemanden von uns geben würde).

Lustig ist anders. Die Hälfte des Buches hat ohnehin Luther geschrieben, denn die zitierten Bibelstellen nehmen gefühlt gut 50 Prozent der Buchseiten ein. Noch dazu in der Luther-Übersetzung von 1912 – mutmaßlich, weil diese Übersetzung lizenzfrei verfügbar ist.  Sind die Verhandlungen über die Lizenzierung einer neueren Version gescheiter? Oder hat man es gar nicht erst versucht?

„Alles, was heutzutage erfolgreich ist, haben die antiken Autoren der Bibel schon viel früher formuliert nur in besser!“, heißt es in der Buchbeschreibung. Und in der Tat: „Pulp Christian!“ wäre ein lesenswertes Buch, wäre es schlicht ein Kompositum biblischer Stellen, die den Leser vor den Kopf stoßen. Die zum Nachdenken anregen, zum einordnen in den historischen Kontext zwingen, um damit klar zu kommen. Die das eigene Gottesbild radikal in Frage stellen und herausfordern.

Was stört, sind die nervig-pubertären Kommentare des Autors, die das Buch zu einer Lesequal werden lassen.