Christopher ist dreizehn Jahre alt. Er hat noch nie ein Wort gesprochen – und das wird ihm zum Verhängnis. Denn der zwielichtige Prediger Carson Chambliss hat ein Geheimnis. Und Christopher weiß davon. In dem kleinen Ort Marshall in North Carolina geschieht schließlich das Unfassbare: Während eines Heilungsgottesdienstes kommt Christopher ums Leben. Die Anwesenden mauern, als Sheriff Clem Barefield versucht, herauszufinden, wie genau der Junge starb. Er ahnt, dass der charismatische Prediger Dreck am Stecken hat. Was zunächst niemand weiß: Jess, Christophs jüngerer Bruder, hat gesehen, was in der Kirche geschah.
Ein klassischer Krimi ist „Fürchtet euch“ nicht. Der Debütroman von Wiley Cash zeichnet sich schon dadurch aus, dass er aus drei unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird. Zum einen ermittelt Sheriff Clem Barefield, der der Gemeinschaft um Chambliss skeptisch und vor allem misstrauisch gegenübersteht. Dann ist da Adelaide Lyle, eine alte und fromme Hebamme. Sie hat jedoch die Kirche wegen Chambliss verlassen. Und zum Dritten ist da Jess, dessen Vater schwer mit dem Tod des Sohnes zu kämpfen hat, dessen Mutter aber dem Prediger hörig ist.
Das Buch ist aufgrund seiner Vielschichtigkeit sehr lesenswert. Der Plot lädt auf den ersten Blick dazu ein, deutliche Religionskritik zu üben – nicht, dass daran etwas verkehrt wäre. Doch Wiley Cash sieht davon ab. „Fürchtet euch“ ist kein plumpes Eindreschen auf religiösen Fanatismus oder auf die „Doppelmoral“ mancher Geistlicher. Es ist aber auch keine Lobhudelei auf die Religion und ihre positiven Seiten. Man merkt: Dem Autor geht es sowohl um Kritik als auch um Würdigung. Er wählt ein drastisches Szenario, um dies zu behandeln, und auch das Ende ist keineswegs friedlich. Hinter all dem findet man aber einen Tiefgang, den man in solchen Romanen häufig vermisst. Cash will nicht nur erzählen, er will auch Anregungen zum Nach- und Weiterdenken liefern.
Am Ende ist „Fürchtet euch“ eine tragische Geschichte. Über Prediger, die mit Schlangen hantieren (die gibt es im Übrigen tatsächlich), über Glauben, Fanatismus, Hass und Vergebung. Und, vielleicht vor allem, über Hoffnung.
Das Buch ist nicht durchweg spannungsgeladen, weil der Autor auch viel Wert auf die Atmosphäre legt, auf die Herausstellung und Vermittlung der unterschiedlichen Charaktere. Aber am Ende lässt sich sagen: Lesenswert ist es allemal.
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