Es ist wieder Halloween. Seit einigen Jahren fasst dieses Fest auch hierzulande zunehmend Fuß – von den einen scharf kritisiert, von den anderen mit Freude gefeiert. Nein, hier kommt keine Kritik an Halloween – und auch kein Loblied darauf. Die Gruselparty soll vielmehr zum Anlass genommen werden, eine andere Frage zu stellen: Verkleidet durch die Gegend zu rennen, sich ein wenig zu fürchten – das scheint irgendwie einen besonderen Reiz zu haben. Aber warum ist das so?
Freilich – mit Blick auf den Erfolg von Halloween könnte man auch recht oberflächlich antworten: Der Eventcharakter macht’s, die Tatsache, dass es ein weiteres Fest gibt, an dem man einfach mit Leuten durch die Kneipen und um die Häuser ziehen kann. Doch vielleicht ist es nicht so einfach – und das Gruseln hat einen viel tieferen Charakter.
Das durchweg prägende Motiv ist die Gefahr für Leib und Leben: der Tod. Richtige Furcht durchfährt einen, wo der Tod plötzlich ganz präsent wird. Freilich kommt für das „genüssliche“ Gruseln ein weiterer Aspekt hinzu: die Gewissheit, dass man in Sicherheit ist. Fehlt dieser letzte Aspekt, dürfte es wohl schwer fallen, das Fürchten auch irgendwie zu genießen. An Halloween – oder beim heimischen Horror-DVD-Abend – ist klar: Es kann mir nichts passieren. Es sind alles nur Gedankenspiele. Mit dem Tod.
Der Axtmörder wirft existenzielle Fragen auf
Diese Gedankenspiele stehen dem diametral entgegen, was wir so tagtäglich an uns heranlassen. Über den Tod (oder zumindest über das Sterben) wird derzeit zwar wieder geredet. Das Thema wird sogar breit debattiert, wenn es um die Sterbehilfe geht. Stets mit dem Fokus auf das „selbstbestimmte Sterben“. Daran zeigt sich, wovor offenbar eine große Angst besteht: vor dem Sterben, das man sich nicht selbst heraussuchen kann. Dem man einfach ausgeliefert ist.
Genau solche Ängste bedienen Horrorfilme, Gruselgeschichten und auch Halloween auf eine spielerische Art und Weise. Denn wie könnte man fremdbestimmter Sterben als durch einen Axtmörder? Existenzielle Fragen ziehen in die Popkultur ein, ohne dass man sie zu Ernst nehmen muss. Vielleicht sogar, ohne das man sie zu Ernst nehmen darf. Ist die populäre Kultur hier vielleicht doch so oberflächlich, wie man es ihr zuweilen vorwirft? Es werden zwar menschliche Urängste angesprochen – aber wehe, man reflektiert sie! Damit wäre der Spaß verdorben.
Und noch ein Weiteres: Vielleicht ist der spielerischen Umgang mit dem Tod zu Halloween und anderen Gelegenheiten zudem deshalb so attraktiv, weil wir dabei den Spieß umdrehen. Wir beherrschen plötzlich den Tod, wir schlüpfen sogar kurzzeitig in die Rolle des Todes selbst, mit Sense oder als Zombie. Wir tun so, als wären wir die Bösen und jagen anderen eine „Todes“angst ein. Für kurze Zeit wird in den Hintergrund gedrängt, dass die Rollen in Wirklichkeit anders verteilt sind.
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