Theologie und die Simpsons – auf den ersten Blick eine merkwürdige Kombination. Doch wer bereits die ein oder andere Folge der Comic-Serie gesehen hat, der weiß: Theologie und Simpsons – das passt ganz gut zusammen! Denn häufig werden in Springfield theologische Fragen behandelt, die auch innerhalb der Serie Antworten erhalten. Mal mehr, mal weniger durchdacht. TheoPop hat sich bereits in zwei Beiträgen den Simpsons und der Theologie gewidmet (hier und hier).
Der Theologe Sebastian Moll hat nun ein ganzes Buch zum Thema verfasst: „Das Evangelium nach Homer“. Angesichts zahlreicher „Das Evangelium nach …“-Publikationen kein sonderlich kreativer Titel, aber man weiß, woran man ist. Moll nimmt sich auf Grundlage von Simpsons-Folgen große Themen des Christentums vor, wie zum Beispiel das Problem der Theodizee, das Gebet, den Umgang mit anderen Weltreligionen, die Rolle der Institution Kirche oder das Verhältnis von Wissenschaft und Religion. Seine Ausführungen hält er dabei knapp (immerhin geht er acht Themen auf 130 Seiten durch) und führt immer wieder – wie etwa beim Problem der Theodizee – dogmengeschichtliche Anmerkungen an.
Erfrischend ist der Schreibstil des Buches, es liest sich gut und amüsant. Auch gut: Als Grundlage dient Moll auch nicht die deutsche Übersetzung der Serie, im Gegenteil. Der Autor kritisiert diese häufig und verweist auf das Original. Wirklich störend ist hingegen, dass beim Layout bzw. Lektorieren nicht besonders sorgfältigt gearbeitet wurde. Zahlreiche Apostrophe werden als Anführungszeichen dargestellt (z. B. Seite 62: „Was du nicht willst, dass man dir tu“, das füg“ auch keinem anderen zu“) und an manchen Stellen finden sich am Zeilenende unmögliche Worttrennungen (S. 69: Stralsu-nd).
Seitenhiebe gegen andersdenkende Christen
Zielgruppe des „Evangeliums nach Homer“ sind ganz klar Menschen, die aus einem (konservativ-)christlichen Hintergrund kommen. An vielen Stellen ist nicht nur das Vokabular eindeutig, sondern auch die Position Molls selbst (Seite 270: „Denn nur durch Christus, das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt, konnte diese Trennung, dieser Bruch, zwischen Gott und uns überwunden werden“). Der Autor bleibt also nicht nur beschreibend, sondern bezieht an vielen Stellen eindeutig Position. Grundsätzlich finde ich so etwas sehr erfrischend – doch bei diesem Werk ist es mir zu viel. Zumal es häufig bei süffisanten Randbemerkungen bleibt:
„In der sogenannten Bibel in gerechter Sprache, der größten Verzerrung des Gotteswortes in der Geschichte der Christenheit, […].“ (S. 28)
„Es lässt sich trefflich darüber streiten, ob die über 23 Millionen Mitglieder der EKD wirklich wollen, dass ihre Milliarden für die sogenannte Bibel in gerechter Sprache oder das Studienzentrum für Genderfragen ausgegeben werden. Eine einfache Lösung für den Missbrauch große Geldsummen wäre natürlich die Abschaffung der Kirchensteuer.“ (S. 95)
Und auch seine politische Position bringt Moll – ehemaliges AfD-Mitglied – mit ein. Als Homer in einer Folge einmal durch die Entfernung eines Wachsmalstifts aus seinem Hirn (ja, das auszuführen, dauert jetzt zu lange – vgl. hier) plötzlich intelligent wird, fängt er an, ein neues, einstufiges Steuermodell auszuarbeiten. Ähnlich dem, das die AfD fordert und das auch zu den Forderungen der Partei gehört, die Moll nach wie vor teilt. Molls Kommentar:
Dass Homer an einem derartigen Vorschlag arbeitet, ist ein dezenter Hinweis darauf, dass intelligente Menschen einen einheitlichen Steuertarif bevorzugen – aber das nur nebenbei.
Ja, man kann sich als Buchautor explizit als besonders intelligenten Menschen bezeichnen. Man könnte aber auch nochmal drüber nachdenken, ob das nicht vielleicht etwas arrogant wirkt.
Alles in Allem ist „Das Evangelium nach Homer“ ein guter Rundumschlag zu den theologischen Themen, die bei den Simpsons auftauchen, mit vielen Beispielen aus der Serie. Diese Themen werden dem Leser unterhaltsam und kurzweilig nahegebracht. Eine objektivere Darstellung hätte ich mir an mehreren Stellen gewünscht, zumal von einem promovierten Theologen – man merkt sehr deutlich, aus welchem Lager Sebastian Moll kommt. Das heißt nicht, dass ich es besser fände, mit der eigenen Meinung hinter den Berg zu halten. Aber man kann sie ausgewogener und teils weniger herablassend äußern, als es hier der Fall ist.
Eine Leseprobe (*.pdf) gibt es direkt auf den Seiten des Verlages.