(Bild: Public Domain)
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Es gibt Studien, die braucht die Welt nicht. Zum Beispiel diese hier, durchgeführt von einem Wissenschaftler an der Universität Illinois: „Happy Tweets: Christians Are Happier, More Socially Connected, and Less Analytical Than Atheists on Twitter“ (hier online einsehbar). Der Psychologe Ryan S. Ritter will herausgefunden haben, dass Christen glücklicher, sozialer und weniger „analytisch“ twittern als ihre atheistischen Artgenossen.

Das könnte ja ein ganz spannendes Ergebnis sein – nur leider ist die Aussagekraft der Studie recht gering. Ritter hat fast zwei Millionen Kurznachrichten insgesamt über 16.000 Twitter-Nutzern analysiert und auf entsprechende Schlagworte wie „love“, „nice“, „hurt“ oder „nasty“ untersucht. Ein Computerprogramm wertete die Tweets aus und stellte fest: Gläubige verwenden häufiger „glückliche“ Wörter als Atheisten.

Das große Problem daran ist: Wie stellt man fest, ob die Twitter-User Christen oder Atheisten sind? Auf welche Weise „filtert“ man also? Ritter hat sich für eine Methode entschieden, die doch zumindest angezweifelt werden darf. Zitat:

Christian and atheist Twitter users were selected for analysis by sampling from those who elected to follow the Twitter feeds of five Christian public figures or five atheist public figures.

Wer also einem prominenten Atheisten wie zum Beispiel Richard Dawkins, Sam Harris oder Christopher Hitchens folgt, wurde als Atheist eingestuft. Und wer regelmäßig die Tweets eines bekannten Christen (z. B. Papst, Rick Warren, Joyce Meyer) über seine Timeline rauschen sieht, ist ein Christ. Im Ernst?

Atheist, Buddhist, Christ und Moslem – auf einmal!

Also: Ich folge auf Twitter Richard Dawkins. Problemlos hätte ich also nach Ritters Schema als Atheist durchgehen können. Ich folge auch dem Dalai Lama. In einer entsprechenden Studie könnte ich mich also auch überraschend als Buddhist entpuppen. Streng genommen bin ich den Persönlichkeiten nach zu urteilen, denen ich folge, ein atheistisch-buddhistischer Christ mit islamischen Einflüssen.

Nur weil man einem Menschen folgt, der prominent für eine (Nicht-) Glaubensrichtung steht, heißt das noch lange nicht, dass man genauso denkt. Und das ist der Haken an dieser Studie. Es ist ein großer Haken, denn er minimiert die Aussagekraft der Ergebnisse. Ritter geht auf das zweifelhafte Auswahlverfahren sogar selbst ein:

It is also important to acknowledge that sampling from followers of major public figures – particularly those on the far extremes of religious belief and disbelief – may not represent typical Christians or atheists, and these effects could reflect a comparison of extremely conservative Christians to militant atheists. We have also operationalized Christians and atheists as those who chose to follow public figures well known for their beliefs. But of course, people can follow these public figures for reasons wholly unrelated to their religion.

Vor allem der letzte Satz ist der Knackpunkt. Ritter argumentiert im Anschluss daran mit den großen Fallzahlen, die in der Studie ausgewertet wurden. Doch auch das hilft nicht: Denn woher will er wissen, wie viele Menschen aus welchen Gründen wem auf Twitter folgen? Auch außer Acht gelassen werden die Schnittmengen. Ich glaube, es ist nicht vermessen, zu behaupten, dass es einige gibt, die sowohl die Kurznachrichten des Papstes als auch die Richard Dawkins lesen.

Was also fangen wir mit einer solchen Studie an?

Veröffentlicht von Fabian M.

Fabian Maysenhölder, Diplom-Theologe und Online-Journalist, ist Herausgeber des Blogs "Theopop". Während seiner Berliner Studienzeit wurde bei ihm in einem Seminar zu dem Thema „Kirche in den elektronischen Medien“ Interesse für diesen Forschungsbereich geweckt, der immer mehr an Bedeutung gewinnt – nicht nur für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit. In seiner Freizeit spielt er Badminton und engagiert sich ehrenamtlich in der Straffälligenhilfe.

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