Anfang des Jahres war der Aufschrei groß – nicht nur hier auf dem Blog regte sich Widerstand gegen das Vorgehen der Herrnhuter Brüdergemeine, die künftig die Losungen auf mobilen Geräten nur noch kostenpflichtig (und technisch schlecht umgesetzt) anbot und durch den Entzug von Lizenzen bisherigen Freeware-Anbietern das Wasser abdrehte.
Über einen Monat ist das nun her. Bislang schwiegen die Herrnhuter zu dem Protest, auf der Homepage wurde lapidar verkündet, eine „Arbeitsgruppe bei der Kirchenleitung“ kümmere sich angesichts des enorm schlechten Feedbacks um das Problem. Dann passierte nichts. Unter der angegebenen Support-Email konnte man zwar Dampf ablassen, doch der löste sich in Luft auf – eine Antwort erhielt man nicht (zumindest weder ich noch irgendjemand sonst, mit dem ich in Kontakt trat – und es waren einige).
Ab Ostern alles beim Alten? Nicht ganz.
Umso überraschter nahm ich gestern die Nachricht in meinem Postfach auf: Die Herrnhuter haben geantwortet, offenbar in einer Massenmail an alle, die dem Support geschrieben hatten. Die Antwort macht Hoffnung. Die entscheidenden Absätze sind folgende:
Ihre Anregungen haben zu umfangreichen Beratungen und zu Entscheidungen geführt, die einerseits technische Verbesserungen in die Wege geleitet haben, und andererseits folgendes Ergebnis erzielten: Alttestamentliches Losungswort und neutestamentlicher Lehrtext sollen – als exklusives Angebot seitens der Herausgeber – nun wieder als Freeware angeboten werden. Die Bereitstellung wird etwa zu Ostern 2014 zu erwarten sein. […] Die Vollversion und weitere Funktionen sind dann kostenpflichtig hinzu zu kaufen.
Zum gleichen Zeitpunkt sollen beide Angebote (Freeware-Version und Vollversion mittels In-App-Kauf) der Losungs-App auch für Nutzer der Windows-Phone-Systeme zur Verfügung gestellt werden können. Für Nutzer der Blackberry-Geräte kann noch keine Aussage getroffen werden. – Bitte beobachten Sie unter www.losungen.de wann die entsprechenden Versionen bzw. Updates zur Verfügung stehen.
(den kompletten Text der Email hat bereits Tobias Lampert auf seinem Blog veröffentlicht)
Das Widget kommt
Um Ostern 2014 (ob die Parallele zur Auferstehung beabsichtigt ist? :-)) dürfen Nutzer also mit (1.) technischen Verbesserungen der App rechnen und (2.) mit einer kostenlosen Versionen der Losungen und Lehrtexte, wie sie bislang auch über Freeware-Apps verfügbar war.
Zu (1.): Wie genau diese technischen Verbesserungen aussehen, bleibt offen. Ich habe nochmal beim zuständigen Pfarrer, Michael Salewski,nachgehakt. Er bestätigte mir, dass eine „Widget-Funktion mit in Auftrag gegeben worden“ sei – deren Fehlen war einer der größten Kritikpunkte vieler Nutzer. Bei einer eventuellen Notizfunktion sei die Sache noch unklar. Aber auch die könnte seinen Angaben zufolge kommen, wenn auch nicht gleich mit dem ersten Update.
Zu (2.): Schön, dass die Brüdergemeine hier Einsehen zeigt. Die Losungen und Lehrtexte bleiben Freeware. Allerdings mit der Einschränkung, dass sie nur über die Herausgeber , also über die Herrnhuter, vertrieben werden darf. Kostenlose Losungs-Apps von ehrenamtlichen Drittanbietern – wie bisher – wird es also auch künftig nicht mehr geben.
Ein lehrreiches Unterfangen?
Man hätte sich in Herrnhut viel Ärger ersparen können, wäre man von vorneherein in einen konstruktiven Dialog mit Nutzern und Anbietern bisheriger Losungs-Apps getreten. Was nun am Ende – hoffentlich! – dabei herauskommt, ist eine vernünftige Lösung. Zwar wird es weiterhin keine Dritt-Apps mehr geben, aber es ist auch verständlich, dass die Herrnhuter die Losungen auf mobilen Geräten stärker an ihre „Marke“ binden wollen und auf ein exklusives Veröffentlichungsrecht bestehen. Zudem hat man nun schon teuer eine App entwickelt – klar, dass die auch genutzt werden soll (und zugegeben: hübsch sieht sie ja aus).
Die Lösung, Losungen und Lehrtext kostenlos anzubieten und den vollen Umfang eines Losungsbüchleins per In-App-Kauf freizuschalten, ist das, was man von vorneherein hätte tun sollen. Die Welle der Empörung und Kritik wäre dann, ziemlich sicher, einfach ausgeblieben. So gilt nun: Das Vertrauen, dass die Herrnhuter Brüdergemeine auch in Sachen App-Entwicklung von Beginn an hätte genießen können, müssen sie sich jetzt erarbeiten. Ich wünsche mir, dass ihnen das gelingt.
Ich hab‘ das gestern auch auf theolobias.de gelesen und bin immer noch enttäuscht davon, wie die Brüdergemeine das gehandhabt hat. Mehr hier: http://moehrenzahn.de/neues-zur-losungs-app/
Auf deinem Blog kann ich leider nicht kommentieren, daher hier meine Antwort 🙂
Klar, es wäre natürlich noch besser, seitens der Herrnhuter einfach auf die Qualität des Produktes zu vertrauen und Drittverwertungen weiterhin zuzulassen. Doch dass das nicht ganz so einfach ist, finde ich auch aus Herrnhuter Sicht nachvollziehbar. Du sprichst es ja schon an in deinem Beitrag: die Brüdergemeine ist ganz offensichtlich sehr unerfahren auf dem Gebiet und hätte den Trend bis heute nicht erkannt – gerade vor diesem Hintergrund finde ich es schon einen wichtigen Schritt, dass sie überhaupt einlenken. Ich weiß nicht, wieviel Geld sie in die Entwicklung der App gesteckt haben. Aber es war ganz sicher nicht wenig. Ich kann mir schon vorstellen, dass man sich da eine gewisse Sicherheit schaffen will, dass die Leute sie auch tatsächlich nutzen.
Ja: Man kann weiter kritisieren und sich aufregen. Es ist nicht alles perfekt, auch nicht mit den Updates, die angekündigt wurden. Aber man kann auch froh sein, dass sich etwas bewegt, und die Herrnhuter (und andere) hoffentlich in Zukunft davon lernen.
Dem würde ich zustimmen. Es ist ja schon nett, dass sie da eingelenkt haben. Nur ist halt die Situation trotzdem blöder als vor diesem ganzen Debakel…
Vielen Dank übrigens, deine Artikel zu dem Thema waren stets sehr gründlich und ausgewogen. Sehr lobenswert!