Zugegeben, es ist auf den ersten Blick eine merkwürdige Frage. Aber ich bin gestern über einen sehr interessanten Beitrag des Bayerischen Rundfunks gestolpert, der mich ins Nachdenken gebracht hat. „Jesus, Ufos und Aliens: Bringen Außerirdische das Christentum in Bedrängnis?“ Außerirdische sind nichts, womit sich Theologen normalerweise beschäftigen. Und obwohl ich mir selbst schon Gedanken darüber gemacht habe – so richtig durchdacht, was für Konsequenzen das auch für eine (nicht nur christliche) Religion hätte, habe ich es aber nicht.
In dem BR-Beitrag wird Prof. Armin Kreiner, ein katholischer Fundamentaltheologe, zitiert. Er hat ein Buch zu genau dieser Frage geschrieben („Jesus, UFOs, Aliens. Außerirdische Intelligenz als Herausforderung für den christlichen Glauben“). Dafür wird er von manchen belächelt. „Aliens“ heißt für viele: Science-Fiction, Klamauk, Spinnerei. Stoff für gute Filme also, aber kein ernsthaftes Thema für Theologie und/oder Philosophie.
Aber: Naturwissenschaftler beschäftigen sich schon lange – ernsthaft – mit der Frage nach außerirdischem Leben. Nicht nur das SETI-Programm. Und angesichts der unfassbaren Größe unseres Universums halten es sehr viele Wissenschaftler für unwahrscheinlich, dass wir Menschen die einzigen intelligenten Wesen sind, die existieren.
Wäre das Christentum widerlegt?
Auf die Gefahr hin, mich zusammen mit Herrn Professor Kreiner in die Verrückten-Ecke stellen lassen zu müssen: Es ist sinnvoll, dass auch Theologen darüber nachdenken, welche Konsequenzen das haben könnte! Es klingen nämlich einige wichtige Fragestellungen an, wenn man einmal annimmt, dass wir als intelligente Lebewesen nicht alleine sind. Denn wie ist dann die Schöpfung zu verstehen – kann der Mensch weiterhin die Krone der Schöpfung sein? Kann er alleiniges „Ebenbild Gottes“ sein? Wie ist das „Erlösungswerk Christi“ dann zu verstehen? Wären Außerirdische auch „erlösungsbedürftig“ – und wie hätte man sich das vorzustellen? Oder müssten wir schlicht sagen: Wenn Außerirdische existierten, wäre das Christentum widerlegt?
Die Frage nach Außerirdischen berührt den Kern des christlichen Glaubens. Eine mögliche Lösung der „Außerirdischen-Problematik“ findet sich in der Frage, wie wir die Offenbarung Gottes verstehen. Kreiner verweist auf religionstheologische Aspekte und sagt:
Die entscheidende Frage ist, „Offenbarung“ so zu denken, dass sie auch außerhalb des Christentums möglich ist. Insofern ähnelt dieses Problem dem Problem, wie wir andere irdische Religionen interpretieren. […] Nur in etwas größeren Dimensionen.
Und hier sind wir in einem Bereich, der im Christentum schon von Anfang an theologisch beackert wird – und der unserem Denken deshalb sehr viel näher liegt als die Sache mit den Außerirdischen. Doch im Prinzip ist es tatsächlich eine ähnliche Sachlage. Die Existenz von Außerirdischen wäre dann ein Problem für diejenigen, die ihren Glauben strikt exklusivistisch auslegen und behaupten: Es gibt keine Offenbarung Gottes außerhalb des Christentums. Um ein wenig Stellung zu beziehen: Ich halte das für eine äußerst kurzsichtige und problematische Interpretation. (Werner Gitt wäre zum Beispiel ein radikaler Vertreter dieser These. Sein Buch „Und die anderen Religionen?“ beschreibt erschreckend genau, was „Exklusivismus“ bedeutet. Leider meint er das alles ernst.) Wer so denkt, würde auch die Frage „Müssten wir Aliens taufen?“ zweifelsohne bejahen müssen. Denn: Nur Christen werden errettet, wer anders glaubt, lebt, denkt (warum auch immer, ob aus eigener Entscheidung oder nicht), schmort in der ewigen Verdammnis. Sprich: Wir müssten die Aliens zu Christen machen.
Doch es gibt auch Interpretationsmöglichkeiten, die aus christlicher Sicht kein Problem mit Aliens oder anderen Religionen haben. Sehr verkürzt: Wer anerkennt, dass Gott sich in unserer Welt offenbart und von Menschen bezeugt werden kann (= aus christlicher Sicht z. B. in der Bibel), letztlich aber in seiner ganzen, vollkommenen Größe für uns Menschen unverfügbar bleibt – der kann auch nicht ausschließen, dass Gottes Offenbarungen auch außerhalb einer bestimmten Religion zu finden sind. (Die ganze Debatte hier auch nur anzureißen, würde den Rahmen sprengen.)
Insofern könnte man fast hoffen, dass wir bald auf intelligentes außerirdisches Leben stoßen. Es könnte sehr spannende theologische Auseinandersetzungen
zur Folge haben. Es würde aber auch nicht schaden, solche Diskussionen schon vorher – vielleicht gerade in einer solchen Zuspitzung? – zu führen. Schließlich haben sie konkrete Auswirkungen darauf, wie wir z.B. mit unseren muslimischen, buddhistischen oder hinduistischen Geschwistern umgehen.
Die Frage ist derartig hypothetisch, weil im All alles so weit auseinander liegt, dass wir sie niemals treffen werden. Und wenn doch: erst mal fragen, was sie glauben, falls überhaupt. Und wenn Gespräch möglich, einfach erzählen. Was wir wissen und glauben, gilt erstmal für uns. Wir MÜSSEN ja auch keine anderen Menschen taufen. Wir erzählen höchstens vom Glauben und freuen uns, wenn wir überzeugen konnten. Wenn nicht – Gott regelt das schon. Wie er es will.
Natürlich ist die Frage hypothetisch – aber Theologen & Philosophen beschäftigen sich ja auch sonst des Öfteren mit hypothethischen Dingen 😉 Ich gebe zu: Die Überschrift ist etwas überspitzt formuliert, aus einer exklusivistischen SIcht heraus (die ich ja nicht teile).
Ich stimme deinem Letzten Satz voll und ganz zu. So viel Gottvertrauen sollte man haben…
Klasse, endlich widmet sich der Sache mal jemand! Einmal habe ich einen amerikanischen fundamentalistischen Bibelausleger gehört, der meinte, die Heuschrecken aus Offenbarung 9 und die gefallenen Engel aus Daniel 10 sind die einzigen Außerirdischen, die es biblisch-theologisch geben kann. Schön, auch mal was quasi vom anderen Ende des Spektrums zu hören. 😉
Ja..man könnte, je nach Einstellung, ganz schön in die Bredouille kommen. Ich kenne auch Leute, die aufgrund ihres Bibelverständnisses ganz klar sagen: Es gibt kein intelligentes Leben im All. Geht wohl in eine ähnliche Richtung.
Eine ganz andere Perspektive wäre Erich von Däniken, der sagt: Schon aus Gen 1 („Lasst uns Menschen machen“) geht hervor, dass wir nicht von Gott, sondern von Außerirdischen gemacht wurden. Ähhhm…klar! 🙂
Ich bin zwar auch nicht der exkluvistischen Ansicht, allerdings könnte man hier vielleicht Mk 16,15f argumentieren:
15 Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur.
16 Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden
In der Vulgata heißt es: „in mundum universum“, wenn das kein Klares ja, man müsste ist 🙂
Wieder Ernst: Eigentlich müsste man wenn man andere Religionen missioniert auch Aliens missionieren. Vorausgesetzt sie sind als Menschenähnliche Wesen anzusehen. Außer sie sind eher tierähnlich, denn Hunde taufe ich ja auch nicht…
Wenn die „Vulkanier“ nie gesündigt haben, müssen sie folglich nicht erlöst, bekehrt oder getauft werden. Hätten die Menschen nie gesündigt, wäre es doch durchaus vorstellbar, dass Gott in Jesus MENSCH werden konnte, ohne den schrecklichen Tod am Kreuz durchmachen zu müssen. Vielleicht hatte der Theologe Karl Rahner ja Anfang der 60er Jahre gar keine schlechte Idee damit, dass die Inkarnation des Schöpfers nicht nur auf der Erde, sondern auch auf anderen Planeten geschah. DIES würde jedoch an unsere christliche Theologie, und insbesondere der Christologie, schwierige Fragen stellen. Ich wünsche mir gläubige Theologen, die an dieser Stelle mal was sagen könnten. Wo sind die Apologeten an dieser Stelle?
Zusatz zu meinem oben stehenden Kommentar:
Inzwischen habe ich ein sehr gutes Buch zum Thema gefunden: „Das Kreuz mit den Aliens“, eine veröffentlichte Doktorarbeit des Autors Hannes Bräutigam. Kann bei ihm selbst oder im Buchhandel gekauft werden. Nicht ganz preiswert, aber das Buch beleuchtet das Thema sehr gut. Als Nicht-Akademiker habe ich so manches nicht verstanden, und Angst vor Fremdwörtern darf man auch nicht haben. Aber wer sich hier durchbeisst, findet Antworten! Für mich ist jedenfalls nach der Lektüre dieses Buches der scheinbare Widerspruch zwischen der möglichen Existens von „Aliens“ und der Exklusivität der Menschwerdung Gottes kein Problem mehr.
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