Martia Lersner und Florian Barth beim Predigt-Battle in Neukölln.
Martia Lersner und Florian Barth beim Predigt-Battle in Neukölln. (Bild: E. Zimmermann)

„Heidelberg gegen Berlin, Pfarrerin gegen Pfarrer, Wort gegen Wort: Der Heidelberger Pfarrer Florian Barth und seine Neuköllner Kollegin Marita Lersner treten zum Rededuell an.“  So wurde der 1. Neuköllner Predigt-Battle angekündigt. In drei Runden, jeweils vier Minuten pro Prediger, traten die beiden Kontrahenten gegeneinander an: Zuerst gaben beide eine vorbereitete Kurzpredigt zur Jahreslosung zum Besten. In Runde zwei galt es, spontan zu einem Stichwort des Moderators zu predigen, im dritten Satz wurden schließlich drei Stichworte per Zuruf aus dem Publikum gewählt, zu denen die Gegenspieler jeweils möglichst kreativ zu einer Predigt verknüpfen mussten. Am Ende jeder Runde entscheidet das Publikum – wer hat besser gepredigt?

Das Zusammentreffen in Neukölln war bereits die Rückrunde des Predigt-Battles. Im Herbst 2012 verlor die Neuköllner Pfarrerin die Hinrunde gegen ihren Kollegen in Heidelberg. Die Revanche in der heimischen Kirche gelang: Der badische Pfarrer zog am Ende in der Hauptstadt den Kürzeren. Am Ende also ein Patt. „Eine gute Situation, aufzuhören“, meint Marita Lersner. Im Interview mit TheoPop spricht sie über die Hintergründe der Aktion, ihre Motivationen und darüber, was Kirche von popkulturellen Formaten lernen kann.

TheoPop: Frau Lersner, welche der drei Runden war für Sie die größte Herausforderung?

Marita Lersner: Es ist natürlich aufregend, eine Spontanpredigt zu halten. Man weiß vorher nicht, ob man in dem Moment vielleicht einen Blackout hat. Ähnlich wie in einer Prüfungssituation: Man ist einfach sehr aufgeregt. Wir konnten uns zwar beide darauf verlassen, dass wir theologisch zu allen möglichen Themen etwas zu sagen haben. Aber das war schon eine große Herausforderung.

Mit welchem popkulturellen Format könnte man den Predigt-Battle am ehesten vergleichen?

Das Format ist eigentlich eins zu eins abgekupfert vom „Beatbattle“ im HipHop. Poetry-Slam geht auch in eine ähnliche Richtung, in Marburg an der Uni gibt es ja auch Predigt-Slams. Was wir vielleicht noch stärker integriert haben als der Poetry-Slam, ist der Wettbewerbs-Charakter, der ja in dem Stichwort „Battle“ sehr kämpferisch wiedergegeben ist. Und das bringt natürlich auch eine gewisse Spannung mit hinein. Wenn man das Publikum fragt: „Wer war besser?“ – dann müssen die auch besser zuhören, um das zu beurteilen.

Wie ist denn die Idee überhaupt entstanden?

Mir ist die Idee gekommen, als ich bei einem Piano-Battle war. Ich hatte wahnsinnig Spaß an dem Abend, vor allem, weil ich mit einbezogen war. Ich sollte entscheiden, wer besser spielt! Und ich habe auch mit demjenigen mitgezittert, den ich besser fand. Und da dachte ich: Das können wir doch genauso. Das Interaktive daran gefällt mir sehr gut. Die Gemeinde wird gefragt: Was hat dir gefallen? Was hat dich angesprochen? Und das ist letzen Endes der Predigt auch gemäß. Denn jede Predigt will ja ansprechen. Und die Gemeinde ist eigentlich immer gefragt, mit dem, was wir als PredigerInnen sagen, etwas anzufangen. 

Man könnte an dieser Stelle aber auch kritisch zurückfragen: Ist die Predigt wirklich ein Instrument, sich zu messen? Geht es wirklich darum, wer das Evangelium „besser“ verkündigt?

Wenn ich meinen persönlichen Selbstwert als Predigerin daraus ziehen würde, dann wäre das ein Missverständnis. Ich kann mich nicht daran messen, ob ich mehr Applaus kriege oder nicht! Aber ich habe natürlich den Ehrgeiz als Predigerin, Menschen zu erreichen. Und zu fragen, ob mir das gelungen ist, finde ich nicht falsch. Dieser Wettkampf-Charakter ist ja vor allem ein Spiel gewesen. Wir haben beide voneinander gewusst, dass wir gute Predigten gehalten haben. Das eine spricht den einen an, das andere den anderen. Ich finde schon, dass man mit dem Evangelium spielen darf. Jesus ist auch sehr kreativ gewesen, wenn es darum ging, etwas vom Reich Gottes weiterzuerzählen. Er hat vor den Kopf gestoßen, hat irritiert, hat bestimmt auch Leute zum Lachen gebracht.

Man hört sehr deutlich heraus, dass es vor allem um Spaß an der Sache ging. Gab es dennoch ein tieferes Ziel hinter der Aktion?

Ehrlich gesagt: Nein. Man kann natürlich immer sagen, dass das Ziel sei, Menschen anzusprechen, die von unseren üblichen Formaten nicht angesprochen werden. Aber es hat uns eher überrascht, dass das so war. Das Ziel war, dass wir Spaß an der Sache hatten. Der Rest war eine angenehme Nebenerscheinung.

Was für ein Publikum war denn bei dem Predigt-Battle anwesend – viele Kirchenfremde und Neugierige, oder hauptsächlich bekannte Gesichter aus der Gemeinde?

Beides. Es gab zur Hälfte bekannte Gesichter aus der Gemeinde und dem Kirchenkreis, zur Hälfte Neugierige. Es wurde in der Öffentlichkeit mit wahnsinniger, sehr überraschender Aufmerksamkeit wahrgenommen. Es stand wirklich in jeder Zeitung. Die Medien haben das wirklich für eine Nachricht gehalten.

Was glauben Sie: Warum wurde das Format so gut angenommen – aus reiner Neugier?

Auf jeden Fall anziehend ist die Einbeziehung des Publikums, die Partizipation von Gemeindemitgliedern. Du wirst eher ernst genommen, wenn du gefragt wirst: Was gefällt dir? Vielleicht ist es aber auch das Anstößige daran, was neugierig macht: die Entthronung des Heiligen. Als Pfarrerin hat man ja doch irgendwie vielleicht die Aura einer Unantastbaren – selbst wenn es nicht meine Theologie ist! Und nun stelle ich mich da hin und ihr dürft mir sagen: „Das war schlecht.“

Kann Kirche von solch populären Formaten – wie sie zum Beispiel vom Poetry-Slam – lernen?

Auf jeden Fall! Wir können gut zum Beispiel gut von Formaten im Radio lernen. Da macht man keine Beiträge, die länger sind als vier Minuten, weil die Aufmerksamkeitsspanne nicht so lang ist. Wir können darüber nachdenken, wie das, was wir zu sagen haben, auch gut ankommt. Da gibt es im Medienbereich Einiges, was wir noch lernen und uns abgucken könnten. Aber man muss auch pragmatisch bleiben. Man kann nicht jeden Sonntag mit so viel Aufmerksamkeit Gottesdienst vorbereiten, wie das bei einem Fernsehbeitrag der Fall ist, an dem 20 Leute eine ganze Woche dran arbeiten. Bei normalen Sonntagspredigten muss auch das gut genug sein, was wir in unserer begrenzten Zeit schaffen.

Also: Man sollte den Messstab nicht immer allzu hoch hängen.

 Ja. Und ich muss auch sagen, wir haben bei unserem Predigt-Battle keine besonders brillanten Predigten gehalten. Da gibt es sicher größere Prediger, die mit weniger Aufmerksamkeit zurecht kommen müssen. Wir haben eigentlich nur gesagt, was wir dachten.

Wird es Wiederholungen geben?

Das war jetzt erstmal eine einmalige Aktion. Bisher ist keine Wiederholung geplant. Ich freue mich aber natürlich, wenn es Nachahmer und Weiterentwickler gibt!

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Lersner!

 

Wer mag, kann hier die letzte Runde des Neuköllner Predigt-Battles nachhören. Es galt, eine spontane Kurzpredigt um die Begriffe „Zukunft“, „Hass“ und „Dreifaltigkeit“ zu halten:

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Veröffentlicht von Fabian M.

Fabian Maysenhölder, Diplom-Theologe und Online-Journalist, ist Herausgeber des Blogs "Theopop". Während seiner Berliner Studienzeit wurde bei ihm in einem Seminar zu dem Thema „Kirche in den elektronischen Medien“ Interesse für diesen Forschungsbereich geweckt, der immer mehr an Bedeutung gewinnt – nicht nur für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit. In seiner Freizeit spielt er Badminton und engagiert sich ehrenamtlich in der Straffälligenhilfe.