Am 2.2.22 ist es wieder soweit. Murmeltiertag. Und immer noch Pandemie. Seitdem ich das letzte Mal oder das vorletzte Mal zu diesem Zivilritual geschrieben habe sind, keine Ahnung, wieviele Jahre vergangen und es entwickelt sich so etwas wie ein Meta-Gesamt-Murmeltier-Zustand. Tagesabläufe, die so gleich sind, dass sie sich anfühlen wie fettige Fingerabdrücke auf den doppelten Fast-Forward-Pfeilen auf dem Keyboard.

Ein wesentlicher Unterschied ist, dass ich gerade, vielleicht unbewusst, jedenfalls zufällig, hintereinander mindestens vier (!) Neuumsetzungen des Klassikers von 1993 gesehen, bzw. passenderweise als Wiederholung angeschaut habe: Edge of Tomorrow (2014), Boss Level (2021) und Palms Springs (2020) – beide vom selben Sender übrigens (Hulu). Bei näherer Überlegung war Free Guy (2021) auch ein Reboot von Groundhog-Day mit mehr Emphase auf Leben als Videospiel. Tomorrow War (2021) war entgegen meiner Erwartung ohne Zeitschleife, aber sonst eine gute Neuauflage von Edge of Tomorrow, verwirrend, aber der Titel klingt wirklich wie ein zweiter Teil und in gewisser Weise ist er das.

https://www.youtube.com/watch?v=9mkiY-37OG4

Mindesten viermal der selbe Film eigentlich, unzählige Male dieselbe Aufwachszene wie ursprünglich mit Bill Murray und dem Radiowecker und den Atom, äh Autobomben. Überall liegt dasselbe narrative Grundschema vor: Jeder Tag beginnt mit Augenöffnen, liegend, meistens endet der Tag davor mit dem Tod. In Edge of Tomorrow lebt Tom Cruise solange in der Schleife bis er erst ein trainierter Soldat und dann auch ein trainierter guter Mensch wird.

Dasselbe in Boss Level mit einem immer besser werdenden Frank Grillo und dem eigentlich verbotenen Mel Gibson in Nebenrolle. Hier wird die Computerspiele-Logik hinter dem Sterben und Neustarten mit dem Aspekt von Gewalt verbunden. Der scheint die Filme zu verbinden, die Eleos-und-Phobos-Funktion (also das wohliche Gaffen, Erschauern und Fürchten von) entschärfter Gewalt, die nicht tötet und nichts zerstört, weil alles wiederkommt. Ein erstes theologisches Moment, bei Slapstick-Gewalt und Videospielen, gleichermaßen.

Palms Springs betont stärker die Beziehungsebene, ist aber nicht gerade zimperlich, was die (angenehmerweise dank Zeitloop) sinnlose Gewalt angeht. Hier dominiert der Moment, dass der, übrigens immer und immer wieder nur männliche, Protagonist erst dann aus der Zeitschleife rauskommt, wenn er sich verletzlich macht und etwas riskiert und sich klassisch wertekonservative Familienwerte aneignet.

Kein Wunder das zu der Erfahrungswelt der Pandemie die Wiederholungsfilme wiederholt neugestartet werden: Wir suchen alle immer noch nach einem Weg raus. Nur ist das in der christlichen Perspektive nicht unsere hochindividuelle Selbstoptimierungs-Challenge, sondern liegt außerhalb unserer Kraft, diesmal offenbar wirklich mal, historisch einzigartig. Die Kohelet-Besessenheit mit Kausalität und eigener Schuld, das Grundparadigma der Depression als Corona-Grundgefühl, wird irgendwann überfahren vom Ausweg und Bruch wie im 22. Psalm und im 23. Psalm und das macht Gott, der bezeichnenderweise in den Murmeltier-Reiterationen nicht vorkommt.