Immer wieder lesen wir im Rahmen der Berichterstattungen über die EM von „bunten Fußballfesten“. Menschen
verschiedener Nationen schauen gemeinsam Fußball, amüsieren sich und haben Spaß zusammen.
Bunt wird das Fest dadurch, dass manche ein weißes, andere ein rotes Trikot tragen, einige ihr Gesicht orange anmalen und andere wiederum blau oder grün. Der echte Fußballfan bekennt sich durch das Trikot, das er trägt, zu seiner Mannschaft, hinter der er steht und an deren Sieg er glaubt. Ein echter Fan schämt sich in seinem Trikot auch nicht, wenn seine Mannschaft verliert, wenn seine Farbe in der Unterzahl ist oder wenn eigentlich zwei ganz andere Mannschaften feiern. Ein Bier trinken oder einfach nur Spaß haben, kann man mit jedem – egal für welches Team der andere jubelt oder welche Fahne er schwingt.
Der entscheidene Punkt für solch ein buntes Miteinander ist die Toleranz.
Der Begriff wird heute sehr oft falsch verstanden und mit missverständlichen Bedeutungen gefüllt. Toleranz bedeutet nicht, selbst keine Meinung zu haben, ein Fähnlein im Wind zu sein oder immer automatisch die Meinung der Mehrheit anzunehmen. Toleranz kommt vom Lateinischen: tolerare heißt ertragen, aushalten oder erdulden.
Im folgenden Beispiel im Bezug auf die EM soll der abstrakte Begriff konkret werden: Jan ist ein überzeugter Fan von der italienischen Fußballmannschaft, weil er schon Jahre lang nach Italien in Urlaub fährt und viel mit dem Land verbindet. Natürlich besitzt er auch ein Trikot, einen Flagge und und weitere Fanartikel in den Farben Italiens. So bekennt er sich zu seiner Mannschaft. Auch seinem Auto sieht man an, dass er auf Italien abfährt. Parkt er sein Auto jedoch vor dem örtlichen Sportheim, wo die EM gemeinsam angeschaut wird, sieht man, dass er einer Minderheit angehört. Mit seinem blauen Trikot fällt er auf unter den anderen. Toleranz bedeutet nun, dass alle anderen akzeptieren und dulden, dass er eben nicht mit der deutschen sondern der italienische Mannschaft fiebert. Es freuen sich trotzdem alle, dass Jan mit dabei ist, denn Jan ist ein klasse Kumpel unabhängig davon, ob er Italien Fan ist oder nicht. In den Diskussionen und Gesprächen nach dem Spiel versuchen beide Seiten natürlich sich gegenseitig von der eigenen Mannschaft zu überzeugen, jedoch ist jeder so von seiner Mannschaft überzeugt, dass er die Ansichten der anderen ganz im Sinne von tolerare ertragen kann.
Ein richtig verstandener Toleranzbegriff ist nicht nur für das Gelingen eines bunten Fußballfestes wie der EM wichtig, es ist auch für das Miteinander von Religionen und das Miteinander verschiedener Konfessionen innerhalb einer Religion wichtig. Toleranz im Bezug auf Religion heißt nicht, seinen Glauben von der Mehrheit abhängig zu machen oder ihn zu verstecken. Genau wie die Fußballfans sich zu ihren Mannschaften bekennen, ist der erste Schritt auch hier, seine Glauben zu bekennen – auch in der Minderheit. Genau wie im Fußball sollte auch im Glauben jeder seine Überzeugen haben und dazu stehen.
Der nächste Schritt ist nun das Miteinader. In einer globalen und multikulturellen Welt, wie wir sie heute haben, ist es normal, dass Menschen verschiedener Religionen im gleichen Lebensumfeld wohnen. Damit dieses Zusammenleben gelingen kann, ist wie beim bunten Fußballfest die richtig gelebte Toleranz entscheidend. Ich dulde, dass mein Nachbar ein Muslim ist, bekenne mich aber gleichzeitig trotzdem zu meinem christlichen Glauben. Das bedeutet nun aber nicht, dass wir in zwei verschiedenen Welten leben und wir uns gegenseitig meiden. Wie die Fans zusammen feiern können, können wir zusammen leben. Und so wie ein überzeugter Frankreichfan mit einem überzeugten deutschen Fan ins Gespräch über Fußball kommen kann, können wir über unseren Glauben reden und diskutieren. Mit Respekt aber auch mit der eigenen festen Überzeugung. Es geht nicht darum, den anderen mit dem eigenen Glauben zu überfahren, sondern sich auszutauschen. So können Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden und Freundschaften entstehen.
Toleranz – wichtig für das Gelingen eines bunten Fußballfestes wie der EM und das Miteinander der Religionen.