Warum der Islam zu Deutschland gehört

Die Debatte darum, ob „der Islam“ zu Deutschland gehört, hat eigentlich nie wirklich aufgehört, seit Christian Wulff diesen Satz (zwar vielleicht nicht als erster, aber mit Sicherheit mit der meisten medialen Wirkung) ausgesprochen hat. In immer wieder neuen Auswüchsen wird – vor allem auch in konservativ-christlichen Kreisen – zu Betonen versucht, dass dem nicht so sei: Der Islam habe hier keine Tradition, wir seien schließlich das christliche Abendland, und, freilich, Muslime gehören zu Deutschland, nicht aber der Islam. Die AfD trägt das Ihre dazu bei, dass das Thema auch schön am Brodeln gehalten wird.

Vor allem die letzte Aussage stößt mir dabei immer sauer auf: Muslime ja – Islam, nein. Besonders bei christlich geprägten Politikern. Da soll dann offenbar noch der Eindruck erweckt werden: Wir Christen lieben ja unseren Nächsten (die Muslime), aber ihre Religion muss man doch getrennt davon betrachten, das gehört nicht dazu.

Wenn wir nur einen Augenblick innehalten und uns überlegen, wieso das alles überhaupt ein solches Konfliktpotenzial hat, erkennen wir auch, wie unsinnig eine solche Unterscheidung ist. Das Thema Religion ist doch genau deshalb ein Minenfeld, weil sie untrennbar mit der Identität eines Menschen verwoben ist. Religion – oder für diejenigen, die den Begriff nicht mögen: Weltanschauung – ist kein Hobby, das ich zwei Mal in der Woche am Abend im Sportverein oder Sonntagmorgens im Gottesdienst ausübe. Diese Art, die Welt zu sehen, gehört zu mir, ich identifiziere mich damit. Sie ist gewachsen aus Überzeugungen, die ich im Laufe der Jahre erlangt oder auch wieder abgelegt habe. Sie prägt meinen Umgang mit Mitmenschen, meine Entscheidungen, mein Handeln.

Religion = privat? So einfach ist das nicht

Deshalb sind Forderungen wie „Religion gehört nicht in die Öffentlichkeit, sie muss privat bleiben“ ebenso hanebüchen. Denn da liegt ein grobes Missverständnis vor. Ich kann doch nicht plötzlich als ungläubiger Mensch agieren oder Entscheidungen treffen, nur weil ich mein Haus verlasse. Nein – wer Religionsfreiheit fordert, der muss auch zulassen, dass Christen Christen sein dürfen, Muslime Muslime und Atheisten Atheisten. Und das heißt: Nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern als Menschen in allen Lebensbereichen. Alles andere hieße, den Menschen einem Teil seiner Identität zu berauben.

Und genau das passiert, wenn man behauptet: „Muslime gehören zu Deutschland, aber der Islam nicht.“ Ganz abgesehen davon, dass es „den Islam“ ebenso wenig wie „das Christentum“ oder „den Hinduismus“ gibt. Und dass man durchaus argumentieren könnte, dass der Islam in der Tat große Einflüsse auf unsere europäische Kultur und unser Denken hatte.

Wenn wir also gegen Parolen der AfD und ihrer Mitstreiter ankommen wollen, so sollten wir das nicht mit Parolen tun, die zwar freundlicher und differenzierter klingen, es aber nicht sind. Der Islam gehört zu Deutschland, weil Muslime zu Deutschland gehören – so wie das Christentum zu Deutschland gehört, weil Christen zu Deutschland gehören. Wenn wir das begreifen, können wir (wie das auch bereits getan wird) gemeinsam mit Muslimen gegen das wirkliche Problem kämpfen: Radikalisierung, Fundamentalismus, Fanatismus. Und zwar völlig egal ob im muslimischen, christlichen oder politischen Bereich.

Veröffentlicht von Fabian M.

Fabian Maysenhölder, Diplom-Theologe und Online-Journalist, ist Herausgeber des Blogs "Theopop". Während seiner Berliner Studienzeit wurde bei ihm in einem Seminar zu dem Thema „Kirche in den elektronischen Medien“ Interesse für diesen Forschungsbereich geweckt, der immer mehr an Bedeutung gewinnt – nicht nur für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit. In seiner Freizeit spielt er Badminton und engagiert sich ehrenamtlich in der Straffälligenhilfe.

3 Antworten auf &‌#8222;Warum der Islam zu Deutschland gehört&‌#8220;

  1. „Der Islam gehört zu Deutschland“. (Wie sinnvoll ist der Satz?)

    Der Satz ist ähnlich mit „Das Tätowieren gehört zu Deutschland“.
    Denn: historisch gehört der Islam so wenig zu Deutschland wie das Tätowieren.
    Deutschland ist ein freies Land (Frei für Deutsche, und nicht „frei“ im Sinne… Frei für Illegale Einwanderung).

    Der in Deutschland rechtens lebende Bürger, geniesst Freiheit. Dies beinhält auch die Freiheit des Deutschen Bürgers „sich zu Tätowieren“, oder „dem Islam beizutreten“.
    Aber zu behaupten, dass „der Islam zu Deutschland gehöre“, ist einfach ein Satz der nicht die richtige Balance hat.
    Was stark zu Deutschland gehört ist (unter anderem!) die Christliche Tradition und nicht der Islam.

    Ich schäme mich für Deutschland, wenn es den Bürgern in einer unverhältnismäßigen Weise verbreitet, dass der Islam zu Deutschland gehöre.
    Nein, in der Weise… gehört er nicht zu Deutschland. Statt dessen ist es die Freiheit (der Bürger), die zu Deutschland gehört. Das ist das höhere Gut.
    Es ist Blödheit, oder Unverantwortlichkeit, oder geziehlte Manipulation… wenn in einem selektiven Wahn von political correctness…. nebensächliche Tatsachen hervorgehoben werden; und den Bürgern untergerieben werden.

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