Himmlische Hilfe - Pater Norbert greift ein
Das ist Pater Norbert. (Bild: obs/RTL II)

Man stolpert ja manchmal im Internet über interessante Dinge. Zum Beispiel über das hier: „Pater Norbert bietet himmlische Hilfe„. Das christliche Medienmagazin pro berichtete über eine neue Doku-Soap, die am 13. Februar Premiere feierte. Sechs Folgen lang, eine pro Woche, begibt sich der Ordensbruder Pater Norbert auf „Missionsreise“ zu sozial schwachen Menschen, um ihnen in ihrer Notlage zu helfen. „Himmlische Hilfe -Pater Norbert greift ein“ nennt sich das Ganze.

Nun kennt man das ja: Coaching-Soaps gehören, vorsichtig gesagt, nicht unbedingt zu den Highlights im deutschen Fernsehprogramm. Dennoch konnte ich es nicht lassen. Ich musste mir die Pilotfolge anschauen. Die Tatsache, dass das ganze Spektakel auf „RTL II“ stattfindet, machte mich zwar stutzig,  hielt mich aber nicht davon ab. Auch der kuriose Sendeplatz konnte mich nicht schrecken: Wer zu früh ein- oder zu spät abschaltet, landet entweder bei „Extrem schön“ oder bei „Traumfrau gesucht„. Beide Sendungen scheinen (laut Beschreibung und Trailer) wirklich tragische Themen auf eine menschenverachtende Weise dem Voyeurismus der Öffentlichkeit preiszugeben. Ich hoffte aber, der Kontext ließe keine Rückschlüsse zu über die Qualität von Pater Norberts Vorhaben, den sozial Schwachen zu helfen. Die Neugier war einfach zu groß.

Die Grundidee ist doch eigentlich eine gute. Wo Menschen in Not sind, da sollte – gerade im Lichte eines christlichen Ethos – die Nächstenliebe nicht fern sein. Und schließlich haben/hatten schließlich auch andere „Experten“ ihre eigenen Coaching-Doku-Soaps: Peter Zwegat, der SchuldnerberaterChristian Rach, der Sternekoch. Thomas Sonnenburg, der SozialpädagogeKatharina Saalfrank, die Diplom-Pädagogin. Warum also nicht also auch Pater Norbert, der Ordensbruder, als Spezialist für das höchste Gebot?

Schock-Therapie für den gefallenen Engel

Nun läuft also die Sendung. Uns wird Kevin vorgestellt, ein aggressiver Jugendlicher aus Berlin, ohne Schulabschluss. Er prügelt sich regelmäßig, knackt Autos, fährt ohne Führerschein, ist arbeitslos und säuft. Seine Mutter ist verzweifelt, also holt sie Pater Norbert zu Hilfe: Kevin soll wieder auf die gerade Bahn gebracht werden. Pater Norbert, seines Zeichens ein „Pope, der wirklich da ist, wenn du Probleme hast“ (so sein Bekannter), macht sich also auf den Weg nach Berlin. Der Ordensbruder stammt aus Köln und ist dort seit 27 Jahren Oberhaupt der Kölner Mariaviten, einer christlichen Ordensgemeinschaft, die nicht dem Vatikan untersteht.*

Der Pater rückt also an. Kaum da, kriegt Kevin auch gleich den ersten Tipp von dem betagten Herrn, man hört die Lebensweisheit förmlich mitschwingen:  „Du musst aus dich heraus, du Arsch.“ Kevin fühlt sich, vielleicht nicht ganz zu unrecht, etwas überrumpelt und nimmt erst einmal Reißaus. Der Kölner Bruder reagiert gelassen: „Kleine, gefallene Engel sind wir mehr oder weniger alle.“ Er macht sich auf den Weg, sucht Kevin und überredet ihn, mit nach Köln ins Kloster zu kommen. 

Und so nimmt die Sendung ihren Lauf, ohne dass irgendetwas Überraschendes passiert. Pater Norbert gibt ab und an ein paar Bibelzitate oder moralische Grundlagen-Tipps zum Besten. Für Kevin wählt er die Schocktherapie: Um ihn zukünftig vom Fahren ohne Führerschein abzuhalten, arrangiert er ein Gespräch mit einem Mann, der sein Bein bei einem Autounfall verlor. Um ihm die Lust am Prügeln zu nehmen, nimmt Pater Norbert ihn mit zu einer Frau, deren Sohn bei einer Prügelei ums Leben kam. Und da Kevins Traumberuf „Rapper“ ist, führt Norbert ihn zu Kitty Kat, einer Rapperin, die ihm erklärt, dass das Leben als Musiker kein Zuckerschlecken ist und er sich ändern muss. Ihr klügster Satz: „Ich glaube ich kenne keinen Künstler, der nicht an Gott glaubt, der es weit gebracht hat.“ Oh. Dann glaube ich aber, dass Fräulein Kit-Kat nicht besonders viele ihrer Künstler-KollegInnen kennt. Gott als Garant für Ruhm und Erfolg? Na, wenn das so einfach wäre…

Man sieht schon – es ist schwierig, das Ganze ernst zu nehmen. Kevin jedenfalls weigert sich anfangs, ist aber irgendwann doch ganz angetan von dem coolen Pater Norbert. Vor allem nach obiger Szene mit Kitty Kat. Pater Norbert lobt Kevin dann auch in seiner ganz eigenen Weise: „Hast dich tapfer gehalten, obwohl du n Arsch bist.“

Am Ende der Folge sitzt Kevin dann noch in einer Einzelzelle im Gefängnis (das ist Teil der Schocktherapie). Weil ihm dort langweilig ist, schreibt er ein paar Rap-Zeilen:

Scheiße sie haben mich gebustet,
sie haben mich verhaftet.
Wann kommt der Gott und holt mich hier raus,
das ist Scheiße, das ist wie im Kartenhaus.

Mit pathetischer Musik im Hintergrund ertönt die Stimme des Off-Sprechers: „Erstmals findet Gott in Kevins Texten statt. Die Zeit in der Zelle zeigt Wirkung. Für Pater Norbert ist diese Veränderung der richtige Zeitpunkt, um das Experiment zu beenden.“ Wer also nur lange genug in einer Zelle sitzt, wird Christ? Eine interessante Art, auf „Missionsreise“ zu gehen.

Es braucht mehr „Pater Norberts“, aber…

Um noch ein paar ernste Sätze und Anfragen am Ende zu platzieren: Braucht es solch ein Format wirklich? Ich glaube: nein. „Himmlische Hilfe“ scheint für mich nichts anderes zu sein als eine der zahlreichen Krawall-Sendungen, die es ohnehin schon zur Genüge gibt. In erster Linie geht es darum, das macht die Aufmachung der Sendung deutlich, möglichst effektiv bedauerliche menschliche Schicksale darzustellen, damit der Zuschauer sich daran ergötzen kann. Die Schocktherapie-Episoden von Pater Norbert tragen leider nur allzu gut dazu bei. Pater Norberts Intention ist das sicherlich nicht. Ich glaube tatsächlich, dass er – offenkundig ein wenig naiv – nur Gutes im Sinn hat. Der kauzige Senior ist mir vielleicht sogar ein bisschen sympathisch. 

Christen sollten sich tatsächlich ausnahmslos ein Verhalten (nicht unbedingt ein Vokabular) wie das des Paters auf die Flagge schreiben. Es braucht Leute wie Pater Norbert, die keine Berührungsängste haben und keine Vorurteile. Leute, die einfach christliche Nächstenliebe leben. Ja, es bräuchte noch viel mehr Menschen, die sich sozial Schwachen annehmen. Nur, bitte: Ohne das Fernsehen. 

*[Anmerkung: Interessant ist, dass der „Orden der Mariaviten in Deutschland – Auslandsjurisdiktion“, dem Pater Norbert vorsteht, nicht nur nicht von der katholischen Kirche, sondern auch weder von der Altkatholischen Kirche der Mariaviten (!), noch der Katholischen Kirche der Mariaviten (!) anerkannt wird. Zudem gab es in der Vergangenheit mehrere Warnungen katholischer Bistümer und Diözesen vor den Kölner Mariaviten. Sofern diese Warnungen theologischer Natur sind, weil sie gegen offizielle katholische Lehre verstoßen, ist das ja nicht per se zu verurteilen. In wie weit es da aber evtl. auch um juristisch relevante Belange geht, kann ich nicht beurteilen. Ich bin kein Experte auf dem Gebiet, aber insgesamt scheint das ein recht suspekter Verein zu sein. Weiß da jemand mehr?]

Veröffentlicht von Fabian M.

Fabian Maysenhölder, Diplom-Theologe und Online-Journalist, ist Herausgeber des Blogs "Theopop". Während seiner Berliner Studienzeit wurde bei ihm in einem Seminar zu dem Thema „Kirche in den elektronischen Medien“ Interesse für diesen Forschungsbereich geweckt, der immer mehr an Bedeutung gewinnt – nicht nur für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit. In seiner Freizeit spielt er Badminton und engagiert sich ehrenamtlich in der Straffälligenhilfe.

8 Antworten auf &‌#8222;Pater Norbert kommt – Himmel hilf!&‌#8220;

    1. Vielen Dank für die Links!

      Vermutlich handelt es sich bei den Warnungen der katholischen Bistümer dann um theologische Gründe. Das ist ja – zumindest aus evangelischer Sicht – noch kein Grund für Misstrauen 🙂

      Leider wird da aber auch nicht erklärt, wie die Beziehungen des Kölner Mariaviten-Ordens zu den polnischen Mariaviten ist – bzw. warum diese den deutschen Ableger nicht anerkennen.

  1. Mein Mann und ich sind begeistert und hoffen, das dieses Format nicht gefaket ist !!!

  2. Also, hier gibt’s einen sehr interessanten Beitrag bei „fernsehkritik.tv“ zu der Serie. Offenbar ist da ziemlich viel gestellt & gefaked. In dem kurzen Filmchen kommen auch Teilnehmer der Sendung zu Wort: http://fernsehkritik.tv/folge-110/. (Es ist gleich der erste Beitrag des Web-Magazins).

    Es bestätigt im Prinzip meine Vermutung: Es ist eine Krawall-Sendung, der es einzig und allein darum geht, Menschen irgendwie bloßzustellen. In wieweit der Pater da mitmacht, kann man nicht sagen. Er scheint jedenfals zumindest über einiges informiert zu sein…

  3. Wenn wir so einen Pater bei uns hätten würden sicherlich auch wieder mehr Menschen zum Glauben zurück finden.
    Mir gefällt die Sendung!

  4. Die Sendungen haben mir sehr gut gefallen. Ich würde gerne auch in eigener Sache mit dem Pater Kontakt aufnehmen.

  5. Wer schreibt so einen Blödsinn. Nicht mal richtige Recherche betrieben und dann aus Geltungsucht so viel geistigen Müll zu Posten.

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