3 kuriose Smartphone-Apps

Religiöse Inhalte sind in allen Medien zu finden. Auch vor Smartphone-Apps machen die Entwickler keinen Halt. Dabei können ganz schön kuriose Dinge herauskommen – Anlass genug, einen kleinen Test durchzuführen. Wir haben keine Kosten und Mühen gescheut und freuen uns, mit einem Augenzwinkern drei kuriose Android-Apps vorstellen zu dürfen, die sich mit dem Thema „Religion“ beschäftigen.

1. „Religion-Finder“: Kehre in dich und finde wieder heraus

Das Judentum ist also die Religion der Wahl - sagt der "Religion-Finder". (Bild: fm/Theopop)
Das Judentum ist also die Religion der Wahl – sagt der „Religion-Finder“. (Bild: fm/Theopop)

Wer kennt es nicht. Man wäre so gern religiös, weiß aber nicht so recht, an was man glauben soll. Und wie bei so vielem gilt: Dafür gibt’s doch eine App. Einen Wahl-O-Mat für Religionen! Im Prinzip ist der „Religion-Finder“ ein einfacher Fragebogen, durch den man sich durchklickt und mal mehr, mal weniger lustige Fragen beantwortet. Am Ende wird dann aufgrund der gegebenen Antworten die Religion ausgewählt, die am Besten zu einem passt. 20 Religionen (oder Konfessionen) werden berücksichtigt, darunter die klassisch christlichen Konfessionen und die großen Weltreligionen, aber auch Satanismus, Rastafari, die Kirche des fliegenden Spaghettimonsters, Scientology, Jediismus, der Cthulhu Cult und einige andere. Glücklicherweise fehlt in der App (wenn auch ziemlich versteckt) der Hinweis nicht, dass es sich bei der ganzen Sache um eine „Fun App“ handelt und die Vorschläge und Fragen  humoristisch zu verstehen seien.

Nun gut, aber welche Fragen bekommt man so gestellt? Eine kleine Auswahl:

  • Möchtest du lieber einem Gott oder mehreren Göttern huldigen?
    a) Es gibt nur einen Gott!
    b) Wenn ich zu mehreren Göttern beten darf, erhöht das die Chance, gehört zu werden.
    c) Wen interessiert das?
  • Sex vor der Ehe …
    a) … ist ein Muss und sollte ausgiebig praktiziert werden.
    b) … lehne ich ab. Man sollte bis nach der Hochzeit warten.
    c) … sollte jeder handhaben, wie er es mag.
  • Soll dein Gott von einem fremden Planeten stammen?
    a) Unbedingt, nur Außerirdische haben den globalen Überblick.
    b) So ein Quatsch, natürlich nicht.
    c) Ob außerirdisch oder nicht, ist doch überhaupt nicht die Frage.
  • Tentakel …
    a) … finde ich spitze und sollte jeder Gott haben.
    b) … gehören höchstens an den Tintenfisch.
    c) Tentakel oder nicht Tentakel – das ist doch keine Frage.

Nachdem ich mich dann fleißig durch alle Fragen geklickt habe, wurde mir gesagt, dass ich Jude werden müsse. Da werde ich jetzt mal drüber nachdenken.

Preis: 1,99 Euro (Hier zu finden)

Fazit: Würdest du 2 Euro für eine billig gemachte und recht lieblos gestaltete App ausgeben, die eine mäßig lustige Religionssatire darstellt?
a) Ja, klar! Geld zum Fenster rauswerfen war schon immer mein Fall!
b) Nein, das überlasse ich Bloggern, die nichts besseres zu tun haben.
c) Euro? App? Von was redest du?

 

2. „Bibelquiz 3D“: Mit der Bibel unter’m Arm um die Welt

Mit der Bibel unter dem Arm vorbei an Kathedralen: auf zum Taufen! (Bild: fm/Theopop)
Mit der Bibel unter dem Arm vorbei an Kathedralen: auf zum Taufen! (Bild: fm/Theopop)

Ein 3D-Bibelquiz für’s Smartphone? An sich doch eine tolle Idee! Doch ganz ehrlich: Kurioser als das „Bibelquiz 3D“ geht es kaum. Der Spieler tritt gegen 3 Kontrahenten an (angeblich andere Spieler – so sicher wäre ich mir da aber nicht). Und zwar nicht einfach so, sondern als Missionar, die animierte Bibel unter dem Arm. Und dann geht es los. Die Missionsreise über den Globus beginnt, zu Fuß und per Schiff. Um voran zu kommen, müssen immer wieder Multiple-Choice Fragen zur Bibel beantwortet werden. Hinterlegt ist das Ganze mit einer merkwürdigen, sich alle 30 Sekunden wiederholenden Musik, die erkennen lässt, dass die Produktion des Spiels wohl im asiatischen Raum zu verorten ist. Die Fragen werden übrigens von einem netten kleinen Engel gestellt, der bei richtiger Antwort freudig die Daumen in die Höhe streckt.

Das alles wäre ja irgendwie noch ganz lustig, wenn man nicht ganz offensichtlich das komplette Spiel per Google Translator übersetzt hätte. Und solche Fragen kommen dann dabei heraus: „Welche Art von Baum hat Jesus sorgen für keine Frucht verwelken?“; „In welchem Buch des Neuen Testament Paul die unerfahren Christen drängt um der Harnisch Gottes anzuziehen?“; „Welches Buch zeichnet eine Frau einen Mann getötet indem sie einen Pflock durch seine Schläfe stieß?“ Wirklich verwunderlich ist die schlechte Übersetzung des Spiels zugegebenermaßen nicht, wenn man sich zuvor die App-Beschreibung im Google-Play Store durchließt. Die beginnt nämlich so:

Verbreiten Sie Gottes Wort mit dem Bibelquiz 3D-Religiöses Spiel. Machen Sie eine Missionsreise und helfen Sie den Priestern weltweit, so viel möglich Ungläubige zu taufen und sie Christen zu machen! Herunterladen Sie dieses lustige Fragespiel und beantworten Sie die Fragen aus der Bibel, um möglichts vielen Anhängern zu helfen, Gottes Liebe anzunehmen und richtige Gläubige zu werden! Spielen Sie gegen andere Missionare und stellen Sie fest, wer wird als Erster die Taufen beenden!

Preis: Kostenlos (Hier zu finden)

Fazit: Wir versucht taufen haben und verstanden nicht, was wollen Spiel von uns.

 

3. „Ordain Thyself“: Ordination in einem Wisch!

Ohne Worte. (Bild: fm/TheoPop)
Ein Sikh-Priester und Theopop-Autor. (Bild: fm/Theopop)

Nun. Ähm. Ja. Ich zitiere aus der App-Beschreibung der App „Ordain Thyself“:

„Do you want to be a minister, but you just don’t have the time for seminary? Or maybe your desire is to be a rabbi, imam, priest, or swami. Or a Klingon priest. Well, this app can’t actually ordain you, but it can show you what you would look like and believe if you were ordained in over two dozen religions.“

Es war schon immer mein Traum, Klingonischer Priester zu werden. Warum also nicht sich selbst ordinieren? Die App ist so kurios wie simpel: Religion auswählen, Foto mit der Kamera des Smartphones schießen, fertig ist die Haube. Und zwar die der jeweiligen Religion, die dann als Layer über die Fotografie der eigenen Visage gelegt wird. In der kostenlosen Version sind nur drei „Ordinationsmöglichkeiten“ enthalten: Nonne, Priester des „Dudeismus“ und jüdischer Rabbi. In der Vollversion kann man sich selbst zu fast jedem erdenklichen Würdenträger einer Glaubensgemeinschaft ordinieren.  Ob Papst,  Mormonen-Bischof, Pastafari-Minister, Scientologe oder Wicca-Hexe.

Im Anschluss daran erhält man dann die Ordinationsurkunde, die einen knappen Glaubenssatz der jeweiligen Religion/(Konfession enthält, einen „Fast Fact“ zur Glaubensgemeinschaft und ein (satirisches) Gebet. Ich habe mich kurzerhand zum Sikh-Priester ordiniert, folgendes kam dabei heraus:

We hereby ordain
Gyani Fabian
Sikh Priest

Major Belief: God is shapeless, timeless and invisible; God is revealed to human beings through meditation on God’s name — Waheguru — which menas „Good Teacher“.

Fast Fact: Sikhism was developed and thaught by ten successive gurus, the last of which died in 1708. Today Siks are forbidden from ever cutting their hair.

Prayer: Lord, I offer my prayer to you; my body and soul are all Yours. That includes this completely awesome beard.

Founder: Guru Nanak Dev, 1499.

Preis: Kostenlos, Premium-Version: 0,99 $ (Hier zu finden).

Fazit: Als nunmehr ordinierter Sikh Priester, Megachurch-Pastor, Scientologen-Minister, Rabbi, Nonne, Papst und (am allerwichtigsten) klingonischer Priester schreibe ich Folgendes mit allerhöchster geistlicher Autorität: So sinnlos die App auch sein mag, das Selbst-Ordinieren ist sogar ganz kurzweilig. Aber nur für kurze Zeit.

i,Slam – Ein Poetry-Slam für Muslime

i,Slam – so nennt sich ein spezieller Poetry-Slam, bei dem nur Muslime auf der Bühne stehen. Die Veranstalter touren durch Deutschland, im Juni 2013 fand in Berlin das Finale der ersten Runde statt. TheoPop sprach mit einem der beiden Gründer über die Motivation zur Gründung, über Integration und interreligiösen Dialog. Ein Gespräch am Schnittpunkt zwischen Religion und Popkultur.

TheoPop: Wie entstand die Idee zu einem muslimischen Poetry-Slam?

Younes Al-AmayraYoussef Adlah, mit dem ich i,Slam zusammen gegründet habe, hat vorher schon bei Poetry-Slams mitgemacht. Ich habe ihn mal mitbegleitet, als er angetreten ist und einen sehr gesellschaftskritischen und satirischen Text vorgetragen hat. Er war sich damals nicht ganz sicher, ob das Publikum ihn deswegen mögen würde – aber er hat den zweiten Platz gemacht! Er war kritisch, aber dennoch kam seine Message an, er hat das Publikum unterhalten können. Und das fanden wir sehr interessant. Wir dachten uns: Okay, es geht offensichtlich um die Art und Weise, wie man die Kritik verpackt. Darum, wie man mit einem Publikum spricht. Und dann habe ich mit ihm einmal ein Interview für „Muslime.tv“ geführt und ihn gefragt, ob er sich so etwas eigentlich auch für Muslime vorstellen könnte, oder ob Muslime dieses Format eher nicht nutzen sollten. Und aufgrund dieser Frage haben wir dann ernsthaft darüber nachgedacht, dass es doch eigentlich ganz cool wäre, Poetry-Slams auch für die Muslime zugänglich zu machen.

Sind sie das nicht bereits? Poetry Slams sind doch offen für jedermann.

Muslime ans Mikro holen: der i,Slam will jungen Muslimen Selbstvertrauen geben, um ihrer Stimme so in der Gesellschaft Gehör zu verschaffen.(Bild: NFSA Australia / flickr.com)
Muslime ans Mikro holen: der i,Slam will jungen Muslimen Selbstvertrauen geben, um ihrer Stimme so in der Gesellschaft Gehör zu verschaffen.(Bild: NFSA Australia / flickr.com)

Doch natürlich. Es gibt Muslime, die bei den konventionellen Poetry-Slams mitmachen. Aber sie treten nicht in erster Linie mit ihrer muslimischen Identität auf. Das muss ja auch nicht immer sein – aber es fehlte eine Plattform, wo sie genau das tun können. Deswegen wollten wir eine solche Bühne schaffen und jugendliche Muslime animieren und motivieren, auf diese Bühne zu gehen. Wir wollten ihnen die Chance geben, sich selbst zu beschreiben – weg von Fremdzuschreibungen. Weg davon, dass andere immer über sie urteilen und meinen, etwas über sie zu wissen. Ihre Stimme und ihre Sicht der Dinge soll gehört werden. Beim Poetry-Slam stehst du vor einem Publikum, und das Publikum ist „gezwungen“, dir zuzuhören. Du kannst sagen, was du möchtest, und das ist gut.

Was versprecht ihr euch von i,Slam?

Es gibt ein paar Ziele, die wir uns vorab gesteckt haben. Es geht natürlich, wie gesagt, in erster Linie darum, der muslimischen Jugend eine Stimme zu geben. Viele haben lange vor ihrem Auftritt schon Gedichte geschrieben, aber die sind dann irgendwo in der Schublade verstaubt. Und das ist schade. Die sollen auf die Bühne treten und ihre Gedanken mit der Welt teilen!

Warum aber auf einem eigenen Poetry-Slam – wäre es nicht sinnvoller, sich bei den konventiollen Slams einzubringen?

Diese Kritik wurde uns schon häufiger vorgebracht. Aber sie geht an der Sache vorbei, denn uns geht es in keiner Weise um eine Separation. Uns ging es von Anfang an darum, eine muslimische Slammer-Community schaffen und deren Selbstbewusstsein zu stärken. Wenn die Slammer genug Erfahrung auf der i,Slam-Bühne gesammelt haben, wünschen wir uns, dass sie mit diesem Selbstbewusstsein auf die konventionellen Poetry-Slams gehen, wo Konfessionen keine so große Rolle spielen. Denn dort sitzt das Publikum, das wir eigentlich erreichen wollen: Das nicht-muslimische Publikum.

Gibt es inhaltliche Vorgaben für die Slammer – muss es beim i,Slam zum Beispiel um den Islam gehen?

Nein. Es geht uns nicht um religiöse Themen, wer bei uns auftritt, ist thematisch völlig frei. Häufig geht es inhaltlich um Diskriminierung, einige sprechen über eher banale Sachen wie zum Beispiel die neu gekauften Schuhe, wieder andere sprechen über den Propheten. Von sehr ernsten bis hin zu lustigen, humorvollen Texten gibt es da eigentlich alles. Wir schauen die Texte zwar vorher durch, zensieren aber nichts inhaltlich. Wir achten dabei nur auf die Wortwahl: Wir wollen keine Beleidigungen und keine Fäkalsprache. Der i,Slam soll ein sauberer Slam sein.

Ihr habt einen theologischen Berater im Team. Was ist denn genau seine Aufgabe? 

Seine Aufgabe ist es, als Experte da zu sein, wenn wir uns nicht sicher sind – auch oder gerade, wenn es um theologische Dinge geht. Blasphemie zum Beispiel ist auf unserer Bühne tabu. Das einzuordnen, ist aber nicht immer ganz leicht. Dann gab es einmal Kritik von muslimischer Seite, weil wir bei uns im Publikum keine Geschlechtertrennung haben. Da ist es gut, wenn wir einen Experten haben, der eine gewisse Autorität hat und sich dieser Frage stellen kann. Es gibt manchmal auch aus unserer Sicht ganz komische Fragen, zum Beispiel, ob man als Muslim überhaupt Poesie schreiben darf. Solche Fragen haben wir uns noch nie gestellt. Aber es gibt sie, und sie müssen ernst genommen und beantwortet werden.

Nun gibt es im Islam ja sehr viele verschiedene Strömungen. „Den Islam“ gibt es ja nicht. Wie äußert sich das denn bei den Veranstaltungen? Gibt es da Konfliktpotenzial? 

Nein, gar nicht. Wir vereinigen ganz unterschiedliche Strömungen. Wir haben ganz verschiedene Denkweisen auf der Bühne, von sehr konservativ eingestellten Leuten bis hin zu sehr liberalen. Wir schauen nicht auf den Grad der Religiosität eines Künstlers. Das interessiert uns nicht, genau so wenig wie seine Ausrichtung. Nur wenn jemand anfängt, auf der Bühne Dinge zu sagen wie zum Beispiel: „Demokratie gibt es nicht, das können wir nicht mit dem Islam vereinbaren“, dann sagen wir: Danke, tschüss. Denn das können wir mit unseren Werten nicht verantworten. Aber so etwas kam noch nicht vor.

Kann denn der i,Slam aus eurer Sicht zum interreligiösen Dialog beitragen?

Ja, und da gibt es sogar konkrete Ansätze von uns. Wir haben letztes Jahr zum ersten Mal einen interreligiösen Slam veranstaltet. Da haben sich auf der Bühne ein Rabbiner, ein Pastor ein Imam und ein Vertreter der Bahais eine Dichterschlacht geliefert. Das wiederholen wir jetzt am 16.8 in Berlin in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung. Das ist der Versuch einer anderen Form des Dialogs, auf eine unterhaltende Art und Weise. Man könnte auch sagen: Über den Austausch von Kunst.

Die erste Runde des i,Slam ist nun vorbei, das Finale hat in Berlin stattgefunden. Nun noch der interreligiöse Slam – und wie geht es dann weiter?

Eine zweite Runde ist geplant. Wir wollen diesmal zwei Mal ins europäische Ausland und auch nach Österreich und in die Schweiz.

Vielen Dank für das Gespräch – und viel Erfolg für die zweite Runde!

Hauptsache Holi

(Bild: orangejon/flickr.com unter CC-BY-SA)
Die Bäume bei den Festivals sind pompös geschmückt. (Bild: orangejon/flickr.com unter CC-BY-SA)

In Indien gibt es seit gut einem Jahr eine Firma, die mit der Veranstaltung von „Holy Night-Festivals“ durch das Land tourt. Die Events finden ganzjährig statt, meist auf Festgeländen in großen Städten wie Delhi, Mumbai, Hyderabad, Jaipur oder Bangalore. Offenbar haben die Initatoren eine Marktlücke entdeckt: Zu Tausenden besuchen vor allem junge Inder die Massenveranstaltungen. Mehrere pompös gestaltete Weihnachtsbäume zieren das Festgelände, Lametta darf in Indien natürlich nicht fehlen, erst recht nicht die freudig glitzernden Christbaumkugeln, die zu Dutzenden jeden einzelnen Baum schmücken.  Und mit den Tickets (die übrigens gar nicht so billig sind), bekommt jeder Besucher drei Weihrauch-Stäbchen und eine Tüte voll mit goldenem Konfetti.

Und dann beginnt der Spaß. Auf Kommando werden die Tüten in die Luft gehalten, es wird von zehn auf null heruntergezählt, und dann geht es los: Das goldene Konfetti fliegt in die Luft, und dann wird zu indischer Pop-Musik ekstatisch getanzt (zum Beispiel von der Band King G Mall, oder auch indische Pop-Versionen diverser Weihnachtslieder. Beides überaus hörenswert!) . „Es ist eine riesige Party! Und wir bringen ein Teil der christlichen Kultur nach Indien: Gott wurde Mensch, ein Grund zur Freude!“, das zumindest sagt einer der Veranstalter. Der Abschluss des Festes ist dann wieder etwas besinnlicher, die Weihrauch-Stäbchen werden angezündet, man wünscht sich gegenseitig „Merry Christmas“. Und dann gehen alle friedlich auseinander.

Holi Phagwa oder Holy Night?

Also gut – Satire-Modus aus. Natürlich gibt es solche Veranstaltungen nicht. Zumindest nicht in der Form, in der ich es oben geschildert habe. Wohl aber gibt es in Deutschland (wie auch weltweit) Veranstaltungen, die – freilich andersherum – genau so funktionieren: Da treffen sich Tausende Menschen, um sich unter dem Titel „Holi Festival of Colours“ zu Party-Musik gegenseitig mit Farbbeuteln zu bewerfen (Infos zu der Veranstaltung: holifestival.com).

So sieht die Gaudi aus. (Bild: On the Go Tours/flickr unter CC-BY-SA)
So sieht die Gaudi aus. (Bild: On the Go Tours/flickr unter CC-BY-SA)

Der Clou: Das „Fest der Farben“, Holi, ist eigentlich ein hinduistisches Fest, dass einmal im Jahr für mehrere Tage  in ganz Indien gefeiert wird (mehr Infos dazu z. B. hier oder bei rpi-virtuell). Es gilt als eines der ältesten Feste in Indien, man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass es in der dortigen (religiösen) Kultur zutiefst verwurzelt und verankert ist. Auf der Webseite der Veranstalter, die mit dem Festival durch Deutschland touren, kann man folgendes lesen:

Unterschiede zwischen Kasten, Religion oder Herkunft sind dann nicht mehr sichtbar; gesellschaftliche Grenzen zwischen den sozialen Schichten, Jung und Alt, Arm und Reich verschwimmen. An diesem einen Tag sind alle Menschen gleich. Kulturelle Vielfalt, Freude, gegenseitiger Respekt und Toleranz machen das Holi-Fest jedes Jahr unvergesslich. Das Festival Of Colours greift die Stimmung dieser indischen Tradition auf und bringt das Kultur-Fest nach Europa.

Hier findet also eine zutiefst religiös verwurzelte indische Tradition Eingang in die deutsche Pop- und Partykultur. Dass das zunächst zumindest befremdlich wirken sollte, habe ich versucht, durch die beiden Einleitungsabsätze zu verdeutlichen. Denn so eine Übertragung ist notgedrungen begleitet von einer Dekontextualisierung. Und sicher ist es deswegen auch nicht ganz abwegig, von einer Art „Cherry Picking“ zu sprechen: Man sucht sich die „Rosinen“ fremder Kulturen und Religionen heraus, überlegt, was in Westeuropa kommerziell gut vermarktet werden kann – und dann geht’s auf Tour (Tipp: Ausgelassen feiern geht immer!). Am besten rechtfertigt man das Ganze noch mit der doch eigentlich guten Botschaft von gegenseitigem Respekt, Toleranz und kultureller Vielfalt. Nur dass man das in dem Kontext nicht so wirklich ernst nehmen kann.

Party ohne Sinn?

Doch mit Schlechtreden ist es natürlich nicht getan, und meines Erachtens ist das auch nicht angebracht – trotz berechtigter Kritik, die man zumindest im Hinterkopf haben sollte. Andererseits bieten sich nämlich tatsächlich Punkte, zum Beispiel in der Gemeinde oder im Religions- und Konfirmandenunterricht konstruktiv mit einem solchen Phänomen umzugehen. Denn sicher ist: Sobald die Deutschland-Tour in der Nähe halt macht, wird darüber gesprochen, einige gehen vielleicht sogar hin.  Die möglichen Anknüpfungen liegen auf der Hand: Was hat es mit diesem Fest auf sich? Welche anderen Feste werden denn dort gefeiert – und warum? Was glauben Hindus überhaupt? Gibt es überhaupt den Hinduismus? Und vielleicht auch: wie würde es sich für uns anfühlen, wenn die ersten beiden Absätze dieses Artikels tatsächlich wahr wären?

Die Dekontextualisierung, die die Veranstalter mit dem „Holi Festival of Colours“ vornehmen, kann also eine Chance sein. Eine Chance, über Religion zu reden. Über Tradition und Kultur. Dann – und nur dann – werden tatsächlich „kulturelle Vielfalt, Freude, gegenseitiger Respekt und Toleranz“ vermittelt. Denn wenn der reflektierte Umgang mit dem  „Holi Festival of Colours“ fehlt, ist es letztlich nur eines: eine große Party.

 

Hier ein Video von des Holi-Festivals in Berlin:

Kleines Juli-Päuschen

(ashley-rose/flickr)
Ab August gibt’s wieder digitalen Text auf TheoPop. (Bild: ashley-rose/flickr)

Die Sonne scheint, der Sommer ist da – und mit ihm die letzen Wochen des ausgehenden Sommersemesters. Deshalb an dieser Stelle die kurze Info, dass es hier im Juli etwas ruhiger zugehen wird.

Der Grund:  Es gibt viel zu lesen, lernen und zu prüfen. Und da muss TheoPop (leider) ein bisschen zurückstecken. Also nicht wundern, ab August füllen wir den Blog wieder regelmäßig. 

Bis dahin: einen schönen Juli!

Euer TheoPop-Team

Jesus, unser Werbeheld!

(Bild:jcsuzmadi/flickr.com)
(Bild:jcsuzmadi/flickr.com)

Blasphemie!“ schreien tausende Gläubige, als die Macher des neuen Superman-Films „Man of Steel“ ihren neunseitigen Predigtleitfaden zum Film veröffentlichen. Der Titel des Dokumentes: „Jesus, the original superhero“. Doch der Vorwurf der Blasphemie ist nicht nur ein unberechtigter Schnellschuss, sondern er verdeckt das eigentliche Problem, das hinter dieser Aktion steht.

Blasphemie-Vorwürfe sind immer schnell zur Hand, wenn sich Gläubige in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen. So war es bei der Satire-Sendung „Götter wie wir“, so war es bei dem kirchenkritischen Rap „Dunk dem Herrn“. Manchmal handelt es sich dabei auch tatsächlich um „blasphemische“ Beiträge (im Sinne einer Verhöhnung von Glaubensinhalten). Doch wie sieht es beim neuen Superman-Film aus?

Blasphemie – wo bist du?

Auf der Internetseite manofsteelresources.com hat die Produktionsfirma Warner Bros. (wohlgemerkt in Zusammenarbeit mit der American Bible Society) Materialien für PfarrerInnen zusammengestellt, die sie in ihren Gemeinden verwenden können: Predigleitfäden, zwei Trailer, ein Videoausschnitt aus dem Film und hochauflösende Bilder, die Superman aussagekräftig in Szene setzen. Die Dateien und Texte sollen dazu dienen, PredigerInnen ihre Arbeit zu erleichtern: Wer über den Film predigen möchte, bekommt hier alles auf dem Silberteller serviert, die Multimedia-Predigt wäre mit wenig Aufwand schnell geschrieben

Wer sich die Materialien anschaut, kommt schnell zu dem Schluss: das ist alles recht harmlos, vieles sogar interessant. Von Blasphemie keine Spur. Wäre es blasphemisch, Glaubensinhalte anhand popkultureller Analogien aufzuzeigen, müsste nicht nur Theopop sich diesen Vorwurf gefallen lassen. Tausende PfarrerInnen würden Sonntag für Sonntag blasphemisches Zeug von der Kanzel predigen, weil sie es wagen, Parallelen zu einer Filmfigur, einem Lied oder dem Protagonisten eines Buches zu ziehen. Der Blasphemievorwurf entpuppt sich also in diesem Fall als ein überzogener Reflex, weil es diesmal keine Geistlichen sind, die diese Verbindung herstellen. Der Filmproduzent liefert die Impulse eben schon mit.

„The Stuff you use  – to fill the pews!“

Der vorschnelle Blasphemie-Schrei droht hingegen, das eigentliche Problem hinter dieser Aktion zu verdecken. Das ist nämlich nicht der Vergleich von Superman und Jesus. Der wäre auch ohne entsprechende Broschüren auf zahlreichen Kanzeln früher oder später gezogen worden, und kein Mensch hätte Anstoß daran genommen.

Wogegen tatsächlich Bedenken geäußert werden sollten, und zwar im Interesse der Gläubigen selbst,  ist die Instrumentalisierung der Religion. Denn zweifelsohne ist die Aktion der Filmproduzenten keine nette Service-Leistung für PredigerInnen. Vielmehr ist es eine – sehr schlaue – Marketingaktion. Denn letztlich geht es darum, den Superman-Film auf die Kanzel und damit in die Köpfe der Kirchenbesucher zu bringen.

„The Stuff you use – to fill the pews!“ heißt es auf der Webseite, die die Materialien zum Superman-Film bereitstellt. Das heißt soviel wie: „Das Material, das du nutzt, um die Kirchenbänke zu füllen!“ Nein, möchte man sagen. Andersherum! Es geht ja ganz offenbar nicht darum, Kirchenbänke zu füllen, sondern darum, die Leute direkt von der Kirchenbank in den Kinosessel zu bekommen. Aber freilich: „The Stuff you use – to fill the movies!“ reimt sich nicht so gut.

Ein weiterer Aspekt unterstreicht, dass es hier um eine Vereinnahmung der Religion zu kommerziellen Zwecken geht. Häufig gibt es für Journalisten die Möglichkeit, Kinofilme vorab kostenlos zu sehen, um rechtzeitig darüber zu berichten. Auf „manofsteelresources.com“ gibt es einen entsprechenden Unterpunkt: „Free Pastor Screenings“. Pastoren hatten also die Möglichkeit, sich den Film kostenlos anzuschauen. Was nicht nur zur Dankbarkeit verpflichtet (wie großzügig!), sondern zweifelsohne dazu beiträgt, den Film über diese Kanäle unter Leute zu bringen, die durch ihren Beruf das Potenzial haben, großen Einfluss auf andere ausüben.

So könnte man als Fazit formulieren: Superman hat mit Blasphemie so viel zu tun wie ein Kinosessel mit einer Kirchenbank. Wir sollten aber darauf achten, dass die Predigt nicht ungewollt zum Werbeblock vor’m Kinofilm wird. 

Kinostart von „Man of Steel“ war in den USA der 13. Juni, das erste Wochenende verlief, finanziell gesehen, überaus erfolgreich. In Deutschland lief der Film vergangene Woche an, am 20. Juni. Der Trailer zu Film (hier werden viele christlich-religiösen Anspielungen schon sehr deutlich – sicher nicht ganz ungewollt):

Unser Gewinnspiel: Die Auflösung

Ein Jahr TheoPop - und weiter geht's! (Bild: will Clayton/flickr.com unter cc-by-sa)
Ein Jahr TheoPop – und weiter geht’s! (Bild: will Clayton/flickr.com unter cc-by-sa)

Geburtstage haben eines so an sich: sie gehen schnell vorüber. So auch der unsrige, und mit ihm unser Gewinnspiel. Herzlichen Dank an alle, die teilgenommen haben! 

Leider können nur zwei Teilnehmer gewinnen, und das Los hat entschieden. Die Gewinner sind:

… das zeitzeichen- Halbjahres-Abo geht an: Andreas M. aus Hamburg. Herzlichen Glückwunsch!

… die „Götter wie wir“-DVD geht an: Christine S. aus Hülben. Herzlichen Glückwunsch!

Viel Spaß mit den Gewinnen!

In diesem Sinne geht’s munter weiter – viel Spaß wünschen wir nämlich auch allen unseren Lesern im kommenden Jahr.  Auf ein gutes, weiteres Jahr Theopop!

Platt, platter, „Dunk dem Herrn“

Noch ist die Aufregung um die Kirchen-Parodie der Komikerin Carolin Kebekus nicht gänzlich aus den Schlagzeilen verschwunden. Jüngst erst forderte die Pius-Bruderschaft die Katholiken dazu auf, „sich bei der Verspotterin persönlich zu beschweren und gleichzeitig Strafanzeige einzureichen“. Gegen die Aufforderung zu einer persönlichen Beschwerde ist nichts einzuwenden, wenngleich mit einer strafrechtlichen Konsequenz kaum zu rechnen ist. Zumindest vermag es das Video bisher nicht „den öffentlichen Frieden zu stören“, was nach § 166 StGB die Voraussetzung für eine strafrechtliche Maßnahme darstellt. Von einem Aufschrei von Seiten der katholischen Kirche kann nicht die Rede sein.

Mitnichten handelt es sich bei dem Musikvideo um intelligente Satire, viel weniger noch um angemessene Kirchen-Kritik. Sätze wie „Er ist ´ne Bank, nur für ihn zieh ich blank“ und die gerade zu Beginn des Videos sehr derben Szenen sprechen in dieser Hinsicht eine deutliche Sprache. Der künstlerische Wert ist auch sonst mehr als fraglich, schließlich bewegt Kebekus sich innerhalb der gängigen Vorwürfe, die man gegen die katholische Kirche immer wieder, gerade auch im Kontext satirischer Unterhaltung, anbringt.

Der Dauerbrenner „Sexualität“ darf da natürlich nicht fehlen: „Hier kommt Gottes Wille, keiner frisst die Pille!“, bemerkt sie als Nonne in der ersten Strophe. In denselben Kontext gehört in der zweiten Strophe auch die deutliche Anspielung auf den ständigen Kindesmissbrauch. In der Person eines Messdieners rappt Kebekus hier vom scheinheiligen Leben des Jugendlichen, während der Priester im Hintergrund hin und wieder zärtlich seine Hände auf ihre Schultern und den Kopf legt. Schließlich wird auch die gute alte „Enthaltsamkeit“ angeführt, wenn der dickliche Priester in Strophe drei rappt: „Zölibat 2.0, Alter, frag meine Enkel“. Die dritte „Hook“ erwähnt dann endlich die „Angst vor Schwulen“ und „das Kondomverbot“, womit die Ansammlung an Klischees für diesen Themenbereich abgeschlossen wäre.

Genauso wichtig für einen gelungenen „Kirchen-Diss“ ist ohne Frage das Thema Geld. Und auch hier spart das Video nicht mit klaren „Lines“. So bedankt sich der Messdiener, der sich selbst als „Knecht“ bezeichnet, in der zweiten „Hook“ für „jedes Sonntagsgeld“, während er einen 50 Euro Schein aus dem Opferbeutel holt und ihn einsteckt. In Strophe drei folgt daraufhin: „Scheiss auf GEZ, Alter, gebt ma´ Kollekte!“ und „Schönen guten Abend meine Armen und Herren, für eine Provision erteil´ ich die Absolution“. Hinzu kommen hier die Goldketten, die einzelne Personen tragen, der Hummer, in dem der Priester vorgefahren wird und einige andere Gegenstände, die auf den enormen Reichtum der Kirche verweisen, der ja im krassen Kontrast zur finanziellen Lage der Hilfesuchenden steht.

Jonathan Mall studiert Geschichte und evangelische Theologie in Tübingen. In seiner Freizeit liest er gerne Biographien und spielt Gitarre. Hin und wieder setzt er sich auch auf sein Fahrrad um den Kopf zu lüften. (Bild: privat)
Unser Gastautor Jonathan Mall studiert Geschichte und evangelische Theologie in Tübingen. In seiner Freizeit liest er gerne Biographien und spielt Gitarre. Hin und wieder setzt er sich auch auf sein Fahrrad, um den Kopf zu lüften. (Bild: privat)

Nun ist es keinesfalls etwas neues, dass die katholische Kirche zur Zielscheibe von Satire wird. Zahlreiche Kabarettisten und Komiker bedienen sich in ihren Programmen und Sendungen ja der einzelnen Facetten des Image-Problems der Institution: Dieter Nuhr, Volker Pispers, Hagen Rether, Piet Klocke, Mathias Richling und Oliver Welker sind nur einige Beispiele dafür. Allerdings unterscheidet sich das Kebekus-Video in seiner Art klar von dem, was die oben genannten Personen bieten. Deren Kirchen-Kritik fußt nämlich auf tatsächlichen Ereignissen, geht also von einem aktuell in den Medien behandelten „Skandal“ aus, und betrachtet diesen auf humoristische Weise, beleuchtet ihn sozusagen noch einmal aus anderer Perspektive.

Im Fall Kebekus kann davon nicht die Rede sein. Ihr Video greift höchstens die in den vergangenen Jahren aufgrund der zahlreichen „Skandale“ entstandenen, fast schon stereotypen Vorstellungen von der katholischen Kirche auf. Damit betreibt sie keine Kritik. Sie offenbart vielmehr den Charakter einer niveaulosen und zudem unkreativen Form der Unterhaltung. Selbst wenn die derben Szenen, die durchaus religiöse Gefühle zu verletzen in der Lage sind, rechtlich nicht angegriffen werden können, so wird man das Video schon allein aufgrund der mangelnden Kreativität und Kritikfähigkeit als unbrauchbar einstufen können.

Der WDR tat gut daran, das Video nicht zu zeigen. Derartige Versuche von Fast-Food-Unterhaltung sollten nicht unter dem Deckmantel von Kunstfreiheit ausgestrahlt werden.

Wer sich das Video anschauen möchte, um sich eine eigene Meinung zu bilden:

„The Epsilon Program“ – Fakt!

GTA ist eines der erfolgreichsten Videospiele der letzten Jahre - und geht nun in die fünfte Runde. (Bild: Rockstar)
„Grand Theft Auto“ ist eines der erfolgreichsten Videospiele der letzten Jahre – und geht nun in die fünfte Runde. (Bild: Rockstar Games)

Die Welt ist 157 Jahre alt – Fakt!
Du bist glücklich, du weißt es nur nicht – Fakt!
Wir stammen alle vom selben Baum ab – Fakt!
Jeder ist mit jedem verwandt, außer Menschen mit rotem Haar – Fakt!

Grand Theft Auto 5“ heißt ein Videospiel, das im September 2013 vermutlich millionenfach über die Ladentheken dieser Welt wandern wird. Es ist eines der erfolgreichsten PC- und Konsolenspiele der vergangenen Jahre und hat im Grunde eine recht simple Handlung: Ein kriminell angehauchter Protagonist versucht, sich seinen Platz in der Unterwelt einer amerikanischen Großstadt zu erkämpfen, indem er verschiedene Aufträge (mal mehr, mal weniger komplex) erfüllt. 

Die Spiele-Entwickler warten mit immer neuen Überraschungen auf, und das auch schon lange bevor ein neuer Teil der Reihe erscheint. Grund für diesen Artikel ist die Tatsache, dass im Vorfeld zu GTA 5 bereits jetzt ordentlich die Werbetrommel gerührt wird – unter anderem mit einer religiösen Gemeinschaft, die in dem Spiel vorkommt: der Kifflom-Sekte, deren Glaubensgrundlage das „Epsilon-Traktat“ ist, in dem sich zum Beispiel die vier oben zitierten Glaubenssätze wiederfinden.

Ganz im bekannten Stil des Spiels ist schon beim Anblick der eigens für die Fake-Sekte eingerichteten Webseite klar, dass es sich um eine satirische Auseinandersetzung mit sektenartigen Gemeinschaften handelt. Thomas Szedlak, Chefredakteur des Videospiel-Magazins „Games Aktuell“, sagt gegenüber TheoPop: „In GTA werden traditionell viele Marken oder Institutionen der Realität auf die Schippe genommen und Epsilon ist eine Satire auf sektenartige Religionen.“ Aufgrund zahlreicher Parallelen diente wohl Scientology als Vorlage für die Kifflom-Sekte, offiziell bestätigt ist das aber nicht. „Epsilon tauchte schon in früheren GTA-Folgen auf“, sagt Szedlak weiter. Doch die Art, auf die nun mit der Sekte für die neue GTA-Version geworben wird, lasse vermuten, dass die fiktive Gruppierung diesmal eine prominentere Rolle spielt:  „Es gibt in GTA V ein spieleigenes TV-Programm, Internet, diverse Radiosender, da dürfte Epsilon-Werbung auftauchen. Vielleicht wird die Sekte auch in der einen oder anderen Spiel-Mission eine Rolle spielen.“

Interessant ist auch, dass man sich auf der Webseite der „Sekte“ als Mitglied bewerben konnte (die Frist dafür ist inzwischen abgelaufen). Vermutlich tauchen nachher einige der Bewerber namentlich als „Gläubige“  in dem Spiel auf – denn dieses Recht gibt man dem Spiele-Entwickler mit seiner Anmeldung.

Sie wollen nur Eines: dein Geld

Im Vorfeld der Veröffentlichung lässt sich noch nicht sagen, welche Rolle die Sekte in dem Videospiel genau einnehmen wird. Die Webseite, die mit sphärischer Musik hinterlegt ist, ist jedenfalls ganz amüsant und gespikt mit satirischen Elementen. Nicht nur, dass in dem Navigationsmenü gleich zweimal ein Unterpunkt mit der Beschriftung „Give Money“ auftaucht, der eine Spendenadresse auf den Cayman Islands offenbart. Auch die potenziellen Opfer der Sekte werden direkt durch die ständig wechselnden Fragen/Aussagen im Titel-Banner der Seite angesprochen:

„Lebst du in andauernder Todesangst?“

„Bist du oft nervös bei geselligen Anlässen?“

„Willst du glücklich und frei von Gedanken sein?“

„Die amerikanische Religion hat es weit gebracht.“

„Das Epsilon-Programm – Dies ist eine lebensverändernde Erfahrung. All deine Sterbensängste werden sich zerstreuen.“

Zusammengenommen bedienen vor allem die Fragen die Vorstellung einer Person, die man sich in allgemeiner Undifferenziertheit als labiles „Sekten-Opfer“ ausmalt. Für eine Satire ist das natürlich zweckdienlich, in der Realität hingegen ist eine solche Einstellung durchaus kritisch. Denn das wahre Leben und die Umstände, unter denen Menschen in den Dunstkreis zweifelhafter Gruppierungen gelangen, sind meistens ziemlich komplex.

Ein Screenshot der  offiziellen Webseite der Fake-Sekte. Zu sehen ist der Gründer. (fm/Theopop)
Ein Screenshot der offiziellen Webseite der Fake-Sekte. Zu sehen ist der Gründer. (fm/Theopop)

Besonders amüsant finde ich die „Bekenntnisse“, die spielinterne Berühmtheiten abgeben, um sich als Sektenmitglieder und -unterstützer zu outen. Einige Beispiele:

„Das Epsilon-Programm hat mir dabei geholfen, das Schmatzen aufzugeben.“

„Kifflom hat mein Leben verändert. Ich hatte einmal einen gut bezahlten Job, eine Familie und gute Perspektiven. All das habe ich nun aufgegeben, um den wahren Sinn darin zu finden, hellblau zu tragen und meine echte Religion zu verkünden. Kifflom!“

„Religion hat für mich noch nie funktioniert. Bis jetzt!“

„Ich war verloren. Glücklicherweise gehe ich jetzt zu regelmäßigen Treffen einer Sekte und gebe ihnen viel Geld – also ist alles in Ordnung.“

Man darf gespannt sein, welche Rolle die Kifflom-Sekte am Ende tatsächlich in dem Spiel einnimmt. Grundsätzlich ist es doch eigentlich nur zu begrüßen, dass ein Videospiel, das sich allen möglichen gesellschaftlichen Themen satirisch widmet, auch die Religion nicht außen vor lässt. Und natürlich sind sektenartige Gruppierungen da ein dankbares Ziel. Vielleicht bekommen wir ja im Herbst mal die Möglichkeit, das Spiel irgendwo genauer zu betrachten. Dann geht’s an dieser Stelle weiter. Bis dahin, der Vollständigkeit halber: Die Zwölf Lehren der Kifflom-Sekte. Die jeweiligen Anspielungen auf reale Gegebenheiten, falls vorhanden, dürft ihr selbst herausfinden:

1.The world is 157 years old – FACT! 

2. Dinosaurs are a lie that people believe because they are weak – FACT! 

3. You are happy, you just don’t know it – FACT! 

4. We all come from the same tree – FACT! 

5. Everyone is related to everyone else, except for people with red hair – FACT! 

6. Sperm does not exist – it is a lie spread by biology teachers – along with everything else you have ever been told – FACT!

7. Men are supposed to lie with nine new partners a week. Women are supposed to lie with six, except for in July, when they must lie with five men a day – FACT!

8. Aliens exist and are present on earth. If you have a birth mark, you may be descended from Kraff, the famous Emperor of the 4th Paradigm – FACT!

9. Trees talk, but only some people hear them – FACT! 

10. People who believe in something live much longer than atheists, and they have eternal life thrown in for good measure – FACT!

11. If you believe this and turn your hands and wallet over to EPSILONISM, you’ll live a happy life. Otherwise you are doomed – FACT!

12. KIFFLOM – HAPPINESS IS YOURS! KIFFLOM!