Einmal Markusevangelium, bitte!

(Screenshot offene-bibel.de/Theopop)
(Screenshot offene-bibel.de/Theopop)

Projekte sind toll. Man setzt sich konkrete Ziele, freut sich an jedem kleinen Fortschritt – und vor allem dann, wenn man am Ende sagen kann: Wir haben es geschafft. An dieser Stelle möchte ich ein ganz besonders unterstützenswertes Projekt vorstellen und euch alle ermutigen, mitzuwirken: Das Markus-Projekt der „Offenen Bibel“. Es beginnt am 6. Dezember um 20 Uhr im Chat der Offenen Bibel – mehr Infos dazu gibt’s weiter unten. 

Was ist die Offene Bibel?

Die  „Offene Bibel“ ist selbst ein Mitmach-Projekt im Stile der Wikipedia zur Übersetzung der Bibel unter einer freien Lizenz. Deutsche Bibeltexte, die dort entstehen, dürfen also frei benutzt, kopiert, weitergegeben und bearbeitet werden (mehr dazu hier). Eine unterstützenswerte Sache – und vor allem etwas für jedermann.

Denn nicht nur Theologen sind hier gefragt. Die können zwar häufig etwas zu Übersetzungen aus dem Urtext beitragen oder theologische Detaildiskussionen führen. Aber um einen Text in gutes, verständliches Deutsch zu übertragen, braucht es mehr: Sprachgefühl, Grammatik-Expertise, … und, und, und. Um ein solches Vorhaben erfolgreich umzusetzen, braucht es zudem  nicht zuletzt Leute, die zum Beispiel Ahnung von PR oder Programmierung haben und im Hintergrund am Erfolg mitarbeiten. Die Offene Bibel ist also wirklich das, was es sein will: Ein Projekt, bei dem sich jeder mit seinen Stärken einbringen kann.

Das Markus-Projekt

Doch gleich die ganze Bibel ins Auge zu fassen schreckt manche ab. Da wird es schnell unübersichtlich. Das Team der Offenen Bibel will deshalb anhand eines konkreten Ziels einen großen Schritt vorwärts machen: Bis Ende März soll das komplette Markus-Evangelium übersetzt werden. Zu diesem Zweck hat der „Offene Bibel e. V.“ eigens einen Projekt-Koordinator gewinnen können, der sich mit seiner vollen Arbeitskraft der Umsetzung widmen wird: koordinieren, organisieren, planen, übersetzen. Bei Benjamin Misja laufen die Fäden zusammen, er weiß, was zu tun ist und wo es brennt. 

Warum sollte ich da mitmachen?

Es gibt unzählige Gründe, sich an dem Projekt zu beteiligen. Wer einfach nur die Bibel lesen möchte, hat bei der Offenen Bibel den Vorteil, dass es sich nicht nur um eine einfache Übersetzung handelt. Häufig fragt man sich bei Bibelstellen: Was steht da eigentlich genau im Urtext? Bei der Offenen Bibel wird unter der Lesefassung in verständlichem Deutsch die sogenannte „Studienfassung“ angezeigt – mit umfangreichen Anmerkungen und Übersetzungsalternativen. Ganz ohne Kenntnisse der biblischen Ursprachen ist es so bei der Offenen Bibel möglich, tief in den Text einzutauchen – es gibt m. E. keine andere Übersetzung, die das so einfach und umfangreich gestaltet. Macht euch selbst ein Bild, anhand des Beispiels von Psalm 23.

Die Vorteile für Theologiestudierende liegen auf der Hand. Durch ein Mitwirken an der Offenen Bibel bleibt man ganz ohne viel Büffeln fit in den Alten Sprachen und eignet sich durch regelmäßige intensive Beschäftigung mit den Texten theologische Expertise an. Prediger können tiefer in den Text eintauchen, dank der „Studienfassung“ werden umfangreiche Anmerkungen zum Text gleich mitgeliefert. Und wer eigene hat, kann sie einfach hinzufügen und so der Allgemeinheit zur Verfügung stellen.

Wer sich einmal auf den Seiten der Offenen Bibel umschaut, merkt, dass vieles noch unvollständig ist. Das sollte aber nicht Demotivation sein, sondern Motivation: Lasst uns daraus eine Bibel machen, die wir alle gerne benutzen!

Und nun? Mitmachen und weitersagen! Startschuss: 6. Dezember, 20 Uhr

Das Markus-Projekt ist eine gute Gelegenheit dafür. Das konkrete Ziel, ein Buch innerhalb von vier Monaten zu übersetzen, ist erreichbar. Und dank des Projekt-Koordinators Benjamin ist auch immer jemand da, den man fragen kann. Vor allem dann, wenn man selbst gerne mithelfen möchte, aber nicht so recht weiß, was es zu tun gibt. Im Chat der Offenen Bibel ist (fast) immer etwas los, dort kann man alle Fragen loswerden. Benjamin erreicht man am Besten unter markusprojekt@offene-bibel.de . Startschuss ist der 6. Dezember, Treffpunkt um 20 Uhr im Chat der Offenen Bibel.

Ihr merkt schon, ich halte viel von der Offenen Bibel und insbesondere dem Markusprojekt. Ich bin gespannt, wie es gelingt und vorangeht und werde selbst versuchen, so gut wie möglich daran mitzuwirken. Wer keine Ambitionen hat, selbst mitzumachen, das Projekt aber unterstützenswert findet, der hilft schon viel, wenn er einfach davon weiter erzählt. Ich freue mich darauf, bald das Markus-Evangelium in einer durchdachten, umfangreichen und gut übersetzten Fassung lesen zu können. Auf geht’s!

 

Die Kelly Family, der Weihnachtsmann und der Nikolaus

Die „Weihnachtsmannfreie Zone“ ist eine Aktion des bonifatiuswerks der deutschen Katholiken. (Bild: bonifatiuswerk)

Vor einigen Tagen hatte ich die Aufgabe (und natürlich die Ehre 🙂 ), Maite Kelly zu interviewen. Über eine Aktion, deren Patin sie ist – und die thematisch tatsächlich ganz gut zu diesem Blog passt. Es handelt sich um die Aktion „Weihnachtsmannfreie Zone“ des Bonifatiuswerkes der deutschen Katholiken. Das Bonifatiuswerk will dafür sorgen, dass die Leute den Unterschied zwischen „Nikolaus“ und „Weihnachtsmann“ nicht vergessen, bzw. überhaupt erst wahrnehmen. Denn oft ist das alles andere als selbstverständlich. Und auch, wenn die Aktion eine gewisse (sicher nicht ganz unbeabsichtigte) Provokation mit sich bringt – so, wie Maite Kelly das in dem Gespräch mit mir rübergebracht hat, finde ich das Ganze doch sehr lobens- und unterstützenswert.

Ich fand, Frau Kelly hat in dem Interview ein paar ganz schöne Sätze fallen lassen, die ich hier einfach mal unkommentiert reinstelle. Und vor allem ohne den Zusammenhang: Das vollständige Interview könnt ihr hier nachlesen.

Der Nikolaus symbolisiert die Nächstenliebe. Und vor allem ist er, anders als der Weihnachtsmann, keine Erfindung, sondern es gab ihn wirklich. Genau diesen Unterschied will die Aktion „Weihnachtsmannfreie Zone“ klarmachen.

[…]

Für mich persönlich kann ich sagen, dass ich Traditionen brauche, um meine Werte mit Leben zu füllen. Da ich an den christlichen Gott glaube, habe ich diese Festtage, um dieser Realität in meinem Leben Platz zu geben.

[…]

Man sollte – egal, ob Christ oder Nicht-Christ – wissen, was hinter den Festtagen steht, die man feiert.

[…]

Gerade, weil ich selbst ohne Nikolaus und solche Traditionen aufgewachsen bin, sondern mit sehr viel „Mischmasch“, ist es umso wichtiger für mich, anderen Menschen eine gewisse Klarheit mitzugeben. Ich setze mich aus tiefster Überzeugung für den Nikolaus ein.

[…]

Ich finde es schlimm, wenn Christen aus lauter Angst vor Political Correctness sich nicht einmal mehr trauen, zu sagen, was sie glauben und feiern. Das darf nicht passieren, das ist furchtbar. Genauso, wie es meiner Ansicht nach auch nicht passieren darf, dass eine Muslimin kein Kopftuch tragen darf.

[…]

Es geht um die Frage: Wie kann ich die Werte, die ich habe, so leben, dass ich andere damit anstecke? So, dass sie nicht nur leeres Bla Bla, sondern gut für die Gesellschaft sind.

Sie möchte Leute zum Nachdenken anregen, sagt Maite Kelly zudem noch in dem Gespräch. Ich finde, das passt ganz gut in diese Zeit, in der die Vorbereitungen auf Weihnachten beginnen. Denn zu diesen Vorbereitungen gehört, darüber nachzudenken, was Weihnachten für uns überhaupt bedeutet. Ob uns dieses Fest etwas bedeutet, oder ob es nur eine Gelegenheit ist, freie Zeit in der Familien bei gutem Essen und mit Geschenken zu verbringen. Und egal, zu welchem Schluss man kommt – es ist ein erster Schritt, überhaupt zu einem zu kommen.

Gott, das ZDF und die Wolke

Zunächst: Entschuldigung. Hier war es genau einen Monat lang ruhig, das ist zu lange. Grund ist vor allem ein Umzug und fehlendes Internet zuhause. Die Theopop-Themen stapeln sich aber, und auch wenn immer noch kein Heim-Internet besteht, wird es im Dezember hier wieder mehr Lesestoff geben.

Am Sonntag ist der 1. Advent. Damit beginnt die Vorbereitung auf Weihnachten – die Zeit im Jahr, in der „Religion“ wie sonst kaum in Medien und Gesellschaft thematisiert wird. Das ZDF nimmt die beginnende Adventszeit zum Anlass, etwas gegen das eingerostete Wissen vieler Deutschen über Glaube, Religion und christliche Tradition zu tun. Der Fernsehsender startet mit „God’s cloud“ am 2. Dezember eine Internetplattform (godscloud.zdf.de, abrufbar ab 2. Dezember), auf der zunächst 10 kurze Videoclips zu sehen sein werden, die Fragen rund um Glaube, Bibel und Religion beantworten sollen. Jeden Monat soll ein neues Video dazukommen. 

Und weil Wortwolken so beliebt sind, wird man die Videoclips nicht nur in einer alphabetisch sortierten Liste, sondern auch über die „God’s Cloud“ finden können. Zudem sollen Theologen die gestellten Fragen vertiefen, Hintergründe aufzeigen und verständlich machen.

Damit das Ganze aber nicht nur im Internet stattfindet (schließlich ist das ZDF immer noch ein Fernsehsender), sollen aus den Clips auch halbstündige Themen-Dokumentationen entstehen, die dann im TV ausgestrahlt werden.  Die erste Dokumentation mit dem Titel „Aufbruch ins Ungewisse“ ist am Freitag, 6. Dezember 2013, 8.15 Uhr, in ZDFinfo und am Mittwoch, 25. Dezember 2013, 9.10 Uhr, in ZDFneo zu sehen.

Mehr Mut, bitte!

So weit, so gut – das hört sich doch sehr interessant an. Und ganz sicher werde ich mir das Vorhaben des ZDF mal anschauen. Es ist sehr zu begrüßen, wenn Religion und Glaube in den Medien auch außerhalb des nachrichtlichen Alltags zum Thema gemacht wird. Zumal vieles von dem, worüber „God’s Cloud“ nun aufklären will, sicherlich vor nicht allzu langer Zeit als Allgemeinbildung galt.

Ein bisschen schade finde ich es, dass das ZDF offenbar nicht den Mut hat, die Dokumentationen im Hauptprogramm laufen zu lassen. Stattdessen werden sie in den Spartensendern gezeigt – zu Zeiten, an denen die meisten Feiertags noch im Bett liegen. Gerade in der Adventszeit wäre es doch angebracht, wenigstens zu versuchen, mit solchen Themen ein breiteres Publikum zu erreichen. Vielleicht ist es aber halb so wild: Die Zielgruppe schaut vermutlich sowieso eher die Versionen in den Mediatheken. 

Ich bin gespannt, was uns da erwartet. Dokumentationen zu solchen Themen sind häufig ja leider nicht besonders gut, da sie sich allzu oft fast ausschließlich auf Ansichten einiger weniger Experten stützen, den allgemeinen Konsens der Wissenschaft aber außen vor lassen (klar – ist ja oft auch weniger spektakulär!). Es ist zu hoffen, dass der Schwerpunkt des ZDF nicht auf Sensation, sondern auf Information liegt. Dann könnte das richtig gut werden.

Der Tod kommt zum Kaffee: Let’s talk about death

(Bild: ank0ku/flickr.com unter cc-by-sa)
(Bild: ank0ku/flickr.com unter cc-by-sa)

Einfach mal in gemütlicher Atmosphäre über den Tod quatschen, das wär doch was. Sich bei einer Tasse Kaffee darüber austauschen, wie man sich das so alles vorstellt, kurz davor, währenddessen, danach. In sogenannten „Death Cafes“ (vor allem in den USA) passiert genau das: Da treffen sich Leute, denen es ein Bedürfnis ist, sich über das Lebensende auszutauschen, zum Kaffee. Und dann wird gequasselt, wonach einem gerade ist. Hauptsache es hat mit dem Tod zu tun.

Das Ganze funktioniert im Prinzip wie eine Art Non-Profit Franchising. Das heißt: „Death Cafes“ sind nicht bestimmte Lokalitäten, in denen immer nur über den Tod geredet wird. Vielmehr kann jeder, der ein Cafe o.ä. besitzt oder mietet, ein Todes-Cafe veranstalten. Auf deathcafe.com können die Veranstalter dann Ort und Zeit bekannt geben, damit die Todes-Talker auch wissen, wo der nächste Kaffeklatsch steigt. Dort findet man auch eine detaillierte Anleitung, falls man selbst ein solches Treffen veranstalten möchte.

Die Initiatoren dieser Bewegung schreiben auf deathcafe.com über ihr Konzept:

At a Death Cafe people, often strangers, gather to eat cake, drink tea and discuss death. The objective of Death Cafe is ‚to increase awareness of death with a view to helping people make the most of their (finite) lives‘.

Death Cafe is now an established ’social franchise‘ that has spread quickly across the globe. To date we have offered around 300 Death Cafes to over 3,000 participants in Europe, North America and Australasia.

Ehrlich gesagt stelle ich es mir etwas verkrampft vor, sich zu verabreden, um bei einem Kaffee über den Tod zu reden. Andererseits tun wir das die ganze Zeit mit anderen Themen: Sich gegenseitig bei einem Heißgetränk auf den neuesten Stand bringen, über geschäftliche Dinge plaudern, Referate oder Präsentationen vorbereiten. Wir treffen uns häufig unter dem Vorzeichen, über ein ganz bestimmtes Thema zu sprechen. Warum also ist die (zumindest bei mir) erste Reaktion: „Mh, das ist irgendwie komisch?“

Doch je mehr ich darüber nachdenke, komme ich zu dem Schluss: Es vor allem zwei Dinge, die ich dazu sagen möchte.

1. Es ist gut, über den Tod zu reden. Der Tod ist eines der wenigen Themen, die uns alle betreffen. Für die einen ist er näher als für die anderen. Doch wir alle werden sterben. Damit verbunden sind unzählige Fragen. Und darüber sollte man reden. Dabei ist es auch völlig egal, was oder wie jemand über den Tod denkt, ob er gläubig ist oder nicht. Über den Tod gehört gesprochen, mehr als über viele andere Dinge, über die wir uns tagtäglich austauschen. Mit dem Thema sind viele Ängste verbunden, deshalb verdrängen viele Menschen jeden Gedanken darüber. Doch das halte ich für falsch. Denn dadurch, dass man sich den Tod bewusst macht, kann man den Wert des Lebens erkennen. (Nicht nur dadurch, freilich).

2. Es ist schade, dass es dafür „Death Cafes“ braucht. Es ist verständlich, dass Menschen den Themen, die ihnen Angst machen, ausweichen. Dennoch ist es schade, dass das Thema „Tod“ gesellschaftlich so an den Rand gedrängt wird. Man braucht also „Death Cafes“, um es zu thematisieren? Der Tod, der Umgang damit und die damit verbundenen Fragen sind eine Kernkompetenz der Religion. Es gibt so viele Antworten auf die jeweiligen Fragen, wie es Weltanschauungen gibt.
Man müsste einmal beobachten, wie sich diese „Death Cafe“- Bewegung weiter entwickelt. Sie zeigt jedenfalls: Es gibt das Verlangen, über dieses Thema ungezwungen zu reden. Vielleicht ist der Reiz an solchen Cafes auch, dass man die Leute, mit denen man sich trifft, nicht kennt. Das heißt: Man hat nicht das Gefühl, unter dem Label „christlich“, „buddhistisch“, „islamisch“ zu diskutieren. Wo Kirche alles daran setzt, persönlicher zu werden, auf das Individuum einzugehen – wird da vielleicht vergessen, dass es auch Räume braucht, in denen wir uns anonym bewegen können? Dass es leichter fällt, über manche Themen anonym und unpersönlich zu diskutieren, nicht mit dem Pfarrer, sondern mit Menschen, die man gar nicht kennt?

Das sind nur lose Gedankensprünge, ich bin gespannt auf eure. Vielleicht kann man aus dieser Todes-Cafe-Bewegung etwas ziehen: Mut zur Anonymität! Demnächst beim „Death Cafe“ in ihrer Nähe.

Top 10-Webseiten zum Thema Religion

Juiced.de hat eine „Blogparade“ ausgerufen: „Eure Top-10 Webseiten“. Eine gute Gelegenheit, sich als Blog für Religion, Popkultur und Medien auch einmal an einer Blogparade (Was ist das?) zu beteiligen – den es gibt zahlreiche Webseiten im Internet, die sich mit den Thema Religion in irgendeiner Art und Weise auseinandersetzen. Und bei welchen 10 es sich lohnt, regelmäßig vorbeizuschauen, um auf dem Laufenden zu bleiben, das seht hier hier.

Drei Dinge möchte ich noch anmerken: (1) Die Liste stellt keine Rangordnung dar; (2) Bestimmte Postionen, die auf manchen Webseiten (verstärkt) vertreten werden, geben nicht unbedingt die eigene Meinung wider. Um so wichtiger finde ich es, auch solche Webseiten in diese Liste aufzunehmen; (3) Natürlich kann nur gelten: Die Auswahl geschieht nach rein subjektiven Kriterien. 

Hier kommen sie also. 10 lesens- und besuchenswerte Webseiten zum Thema Religion:

    1. Huffington Post Religion
      In der neu gestarteten deutschen Ausgabe der Huffington Post gibt es (noch) keinen eigenen Bereich zum Thema Religion. Aber auch ein regelmäßiger Besuch der englischen Ausgabe lohnt: Immer wieder sind meinungsstarke Artikel zu finden, man wird auf laufende Debatten aufmerksam und auf kuriose Dinge hingewiesen. 
    2. patheos.com
      Patheos hat es sich auf die Fahne geschrieben, ein Gastgeber für Unterhaltungen in Glaubensdingen zu sein. Auch dies ist eine englischsprachige Seite, bei der sich aber regelmäßiges Vorbeischauen lohnt. Patheos hat mehrere Kanäle („Faith Channels“), ganz verschiedene Weltanschauungen sind hier also vertreten: Vom Atheisten bis hin zum Mormonen. Einfach mal reinstöbern!
    3. jesus.de/blickpunkt
      Kommen wir ins deutschsprachige Web. Wer einen Überblick über Nachrichten bekommen möchte, die mit Christen(tum) zu tun haben, ist mit der jesus.de – Unterseite „Blickpunkt“ gut bedient. Hier werden Artikel aus allen großen deutschen Medien gesammelt, die der jesus.de-Redaktion lesenswert erscheinen.
    4. humanismus.de / diesseits.de
      Ein regelmäßiger Besuch der Webseite des Humanistischen Verbands Deutschland lohnt. Spannende Themen werden hier diskutiert & gebündelt. Insbesondere das humanistische Magazin „diesseits“ und dessen Webseite „diesseits.de“ sei zur Lektüre ans Herz gelegt.
    5. theolounge.de
      Natürlich gibt es unzählige Blogs zum Thema Religion. Persönliche Blogs habe ich absichtlich aus dieser Liste herausgelassen. Anstatt sie alle aufzuzählen, sei hier stellvertretend die „theolounge“ genannt, die viele Blogs bündelt und verlinkt. Aber freilich nicht nur: Auch Lesenswerte Artikel aus anderen Online-Medien werden hier gewissenhaft und zuverlässig verlinkt. Ab auf die Favoritenliste damit! Und, falls ihr Blogs lest, von denen ihr findet, dass sie unbedingt von anderen auch gelesen werden müssen: In den Kommentaren unter diesem Artikel dürft ihr sie gerne verlinken!
    6. pro-medienmagazin.de
      Auch das christliche Medienmagazin „pro“ gehört zu den Seiten, die man regelmäßig besuchen sollte, um über Themen der „christlichen Welt“ informiert zu sein.
    7. rpi-virtuell.net/
      (Nicht nur) Für alle die beruflich mit Religionsunterricht zu tun haben: Diese Plattform für Religionspädagogik lädt zum Stöbern ein und bietet einen großen Fundus an Materialien zu den verschiedensten Themen.
    8. Heidelberg Journal of Religions on the Internet (www.online.uni-hd.de)
      Im Dezember soll das Open-Access „Heidelberg Journal of Religions on the Internet“ wieder aufgelegt werden, zwei Ausgaben pro Jahr sind geplant. Es setzt sich aus wissenschaftlicher Sicht mit der Religion im Internet auseinander. Thema der nächsten Ausgabe im Dezember 2013: „Religion in Digital Games“.
    9. Die offene Bibel
      Die Offene Bibel ist ein Projekt, das die Bibel in einer frei verfügbaren Lizenz ins Deutsche übersetzen möchte. Das Ganze passiert in einer Wiki-Form, sodass jeder mitmachen kann. Mehr Infos dazu gibt es hier. Es ist ein unterstützenswertes Projekt! Aber natürlich lohnt es sich bei der Bibel, stets mehrere Übersetzungen zu betrachten – wie auch bei der „Offline-Nutzung“ der Bibel. bibleserver.com oder bibelwissenschaft.de sind weitere gute Adressen.
    10. theology.de
      theology.de lohnt immer wieder einen Besuch. Was diese Webseite alles bietet? Kann man gar nicht in wenigen Worten beschreiben, am Besten einfach selbst herausfinden!

So, das waren nun also meine Top 10. Ich bin mir sicher, dass ich Einiges vergessen habe. Um so mehr freue ich mich, wenn ihr eure Meinung dazu sagt und eure Lieblings-Links zum Thema Religion in den Kommentaren hinterlasst. Dann haben wir alle noch mehr zum Stöbern und am Ende ein tolle Sammlung interessanter Webseiten! Also: auf welchen Webseiten schaut ihr regelmäßig vorbei? 

Abendmahl auf satanisch: Der Hostien-Burger

Der Ghost-Burger und seine Zutaten: Rindfleisch, Ziegenfleisch, Cheddar-Käse, Aioli, eine Sauce aus Rotwein-Reduktion und eine Hostie. (Bild: Screenshot kumascorner.com/fm/Theopop)
Der „Ghost“-Burger und seine Zutaten: Rindfleisch, Ziegenfleisch, Cheddar-Käse, Aioli, eine Sauce aus Rotwein-Reduktion und eine Hostie. (Bild: Screenshot kumascorner.com/fm/Theopop)

Es gibt Ideen, auf die man erst einmal kommen muss. Und es gehören sicher einige Verrenkungen der Synapsen dazu, um mit diesem Einfall hier aufzuwarten: Ein Burger, garniert mit einer Hostie (ungeweiht, aber mit hübschem Kreuzchen drauf) und einer Rotwein-Sauce. Ein solcher Burger steht im Monat Oktober auf dem Spezial-Menü von „Kuma’s Corner“, einem Burgerladen in Chigaco.

Der Burger, der sich „Ghost-Burger“ nennt, ist eine Hommage auf die schwedische Heavy Meta-Band „Ghost“. „Kuma’s Corner“ ist nämlich nicht nur ein Burgerladen, sondern zudem ein Treffpunkt für Heavy Metal-Fans. Der Leitspruch: „Eat beef. Bang your head.“ Wenig verwunderlich also, dass sich im Programm des Fastfood-Ladens auch zum Beispiel Burger mit den Namen „Black Sabbath“, „Iron Maiden“, „Metallica“ oder „Slayer“ finden. „Ghost“ eine recht junge Band (Gründung: 2008), die man getrost als satanistisch bezeichnen darf (Kostprobe gefällig? Hier und hier zum Beispiel). Die Band-Mitglieder sind bei Auftritten allesamt verhüllt, tragen umgedrehte Kreuze um den Hals; der Sänger tritt in Totenkopfmaske mit einer Mitra auf und schwenkt bei Auftritten auch mal ein Weihrauchfass. Sein Pseudonym ist „Papa emeritus“. Die echten Namen der Band-Mitglieder kennt niemand.

Soweit die Fakten. Natürlich gab es nach Veröffentlichung des Oktober-Menüs auch einen Aufschrei vieler Christen, die sich in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlten (durchaus nachvollziehbar). Die Betreiber des „Kuma’s Corner“ veröffentlichten daraufhin einen Artikel auf ihrem Blog. Dort heißt es, sie hätten es unter keinen Umständen darauf abgesehen, religiöse Gefühle zu verletzen:

That said, we appreciate the kind words of support from the vast majority of people who understand that we, in no way, created this as a commentary on religion or as an attack on anyones personal beliefs. That said, we appreciate the kind words of support from the vast majority of people who understand that we, in no way, created this as a commentary on religion or as an attack on anyones personal beliefs.

Nun, es wirkt ehrlich gesagt schon etwas naiv, wenn jemand einen solchen Burger kreiert und davon ausgeht, dass sich niemand verletzt fühlt. Kann man ernsthaft annehmen, es werde nicht als „Kommentar zu Religion“ gewertet, wenn man einen Burger einer satanischen Band widmet? Vielleicht wäre es ehrlicher gewesen, einfach zu sagen: „Stellt euch nicht so an, Leute, es ist doch nur ein Burger.“ Eine damit konnten wir doch nicht rechnen-Haltung bei diesem Thema wirkt nicht sonderlich glaubwürdig. Auch, dass „Kuma’s Corner“ in demselben Artikel ankündigt, 1500$ an das Erzbistum Chigago zu spenden, deutet darauf hin, dass es vielleicht tatsächlich darum geht, nicht allzu viele Leute zu verärgern – und somit Kunden zu verlieren.

Doch ist es die Aufregung wirklich wert? Es ist schon merkwürdig, dass man sich jetzt über einen Burger empört, der im Gegensatz zu den Liedtexten von „Ghost“ lächerlich harmlos ist. Laut AP äußerte sich der katholische Blogger Jeff Young folgendermaßen: 

Die Hostie ist ein Symbol, da ist ein Kreuz drauf. Das ist so, als würde man eine Flagge nehmen und sie verbrennen.

Nun ja, die Analogie stimmt nicht ganz, wenn, dann müsste man die Flagge aufessen. Es gibt aber auch Stimmen, die das Ganze entspannter sehen. Ein amerikanischer Pastor kommentierte den Burger auf Facebook folgendermaßen:

Hi, I’m a pastor and burger enthusiast. I’m not particularly offended by the choice of a communion host as a condiment, but have you ever tasted them? Surely you don’t think they are fit for consumption in a restaurant. I’m more offended that you’ve defiled what looks to be an otherwise delicious burger. Shame on you!

Ich für meinen Teil finde: Rotweinsauce auf einem Burger? Da hätte man auch früher mal draufkommen können.

Was denkt ihr – kreative Idee oder absolutes No-Go?

Theopop in neuem Gewand

Theopop wird zum Blog. Nicht, dass die Seite jemals etwas anderes gewesen sei – doch nach dem Ausflug ins „magazinige“-Design soll etwas Ruhe einkehren (nur, was das Layout angeht, versteht sich!). Der Hauptgrund dafür: Das alte Theopop-Design war nicht „responsive“, das heißt, es wurde nicht auf allen Geräten (PC, Smartphone, Tablet,…) passend angezeigt. Das ändert sich mit dem neuen Blog-Layout, es passt sich automatisch an das jeweilige Endgerät an. (Wer’s ausprobieren mag: einfach das Browser-Fesnter kleiner ziehen.)

Ein weiterer Vorteil: Das übersichtlichere Design ist auch im Hintergrund einfacher zu handhaben. Es ist also auch eine „Arbeitserleichterung“. Bisher mussten immer zahlreiche Faktoren beachtet werden; nun ist es auch z. B. möglich, einen Beitrag ohne Bild zu veröffentlichen. Das spart eine Menge Zeit, und bei vielen Themen sind Bilder auch nicht wichtig bzw. schwer zu finden. Symbolbilder können zwar hübsch sein, bedeuten letztlich aber auch Arbeit, die stattdessen in den Inhalt gesteckt werden kann.

Dieser Schritt war schon länger geplant, doch die Auswahl des Designs hat sich etwas hingezogen. Neben der automatischen Anpassung an die Endgeräte sollte es vor allem ein einfach gehaltenes, „aufgeräumtes“, aber dennoch schickes Theme werden. Kleinere Anpassungen werden in den kommenden Wochen noch folgen, je nachdem wie sich das Design in der Praxis schlägt. Feedback? Gerne! Entweder per Mail oder in den Kommentaren.

Herausgeberschaft & Autoren

Mit dem Design-Wechsel sind auch weitere Änderungen verbunden, die eigentlich aber weniger Änderungen als „Anpassungen an die Realität“ sind. Theopop startete mit dem Gedanken, ein Multi-Autoren Blog zu sein. De facto ist es das aber schon eine ganze Weile nicht mehr. Das heißt: Ab sofort ist die „Unsere Autoren“- Seite nicht mehr abrufbar, stattdessen findet ihr unter „Über Theopop“ eine aktualisierte Geschichte des Blogs & einige Infos zu mir als Herausgeber. Wie gesagt – das ist keine Neuerung, sondern vielmehr eine Anpassung an die Realität.

Weiterhin gilt: Ich werde immer mal wieder Gastbeiträge für das Blog anfragen, sodass ihr sicher sein könnt, auch in Zukunft andere Autoren hier auf dem Blog zu finden (als „Gastautoren“). Ich bin davon überzeugt, dass gute Gastartikel ein Qualitätsmerkmal für einen Blog sind, schon allein deshalb, weil so mehrere Perspektiven dargestellt werden.

Leser

Zum Schluss bedanke ich mich bei allen, die Theopop bisher verfolgt haben und weiter verfolgen. Die Besucherzahlen sprechen für sich, sie steigen stetig an. Das freut & motiviert mich natürlich sehr. Bisheriger Theopop-Höhepunkt ist der Artikel über „Kreuzberg und das Weihnachtsverbot„, der innerhalb von wenigen Tagen mehrere tausende Besucher auf die Webseite lockte.

Soviel zunächst „in eigener Sache“. Ich freue mich auf  eine (weiterhin) spannende Zeit mit Theopop & euch Lesern!

Stars, Sternchen und die Ewigkeit

(Bild:  401(K) 2013/flickr.com unter cc-by-sa)
(Bild: 401(K) 2013/flickr.com unter cc-by-sa)

Wenn eine US-Regisseurin die Welt nicht mehr versteht, dann klingt das ungefähr so: „Als ich jung war, ging es darum, etwas Spannendes zu machen, wofür man dann auch berühmt sein kann. Heute geht es nur noch darum, berühmt zu sein.“ Diesen Satz sagte Sofia Copolla kürzlich in einem Gespräch mit dem ZEIT-Magazin. Er ist die Kritik an einer Kultur, mit der die junge Generation heute heranwächst. Eine „Trashkultur“ sei das, „die geprägt ist von Klatschmagazinen, Promi-Internetseiten und sozialen Netzwerken wie Facebook“, so die 42-jährige Tochter des erfolgreichen Film-Regisseurs Francis Ford Copolla.

Und in der Tat, spontan möchte man ihr zustimmen. Wer sich etwa bei Youtube umschaut, der findet unzählige Videos von Jugendlichen, die sich möglichst durchgeknallt in Szene setzen, in der Hoffnung, dass Tausende ihr Video anklicken. Und auch bei einigen Stars & Sternchen wie Paris Hilton, Daniela Katzenberger oder Nadja Abd el Farrag fragt man sich, was diese eigentlich geleistet haben, um berühmt zu werden. Die Antwort muss lauten: eher nichts. Oder mit Copollas Worten: Sie sind „für nichts anderes berühmt als dafür, berühmt zu sein“.

Die große Sehnsucht

Bekannt also für nichts? Dieser Schlussfolgerung der US-Regisseurin zu folgen, wäre zu kurz gegriffen. Vielmehr ließe sich die Gegenthese aufstellen: Prominente wie Paris Hilton sind – und bleiben – deswegen begehrte Persönlichkeiten auf der Bühne der Öffentlichkeit, weil sie eine Sehnsucht verkörpern. Eine Sehnsucht, die alle Menschen gemeinsam haben: ein erfolgreiches und glückliches Leben zu führen.

Die Definition eines zufriedenstellenden Lebens lässt sich, so meine ich, fast immer auf den Wunsch nach »Freiheit« zurückführen, meist in der Form von Geld und Gesundheit. Und diese Freiheit verkörpern viele Stars & Sternchen in Perfektion. Wer genügend auf dem Konto hat und körperlich nicht eingeschränkt ist, kann tun und lassen, was er will, der oder die kann das Leben und die Welt genießen.

Die „Trashkultur“, geprägt von Klatschmagazinen und Selbst-Inszenierungen auf Facebook, ist also – jedenfalls in vielen Fällen – ein Spiegel menschlicher Wünsche. Menschen schauen sich Doku-Soaps über steinreiche Familien wie die „Geissens“ an, weil diese durch ihre Bootsladungen voll Geld eine potenzielle Freiheit symbolisieren, die gerade auf junge Menschen eine enorme Anziehungskraft ausübt.

Doch noch ein weiteres, zutiefst menschliches Bedürfnis, klingt in der Trashkultur an. Es äußert sich vor allem in der Frage, warum  Menschen überhaupt danach streben, berühmt zu sein. Was bewegt jemanden dazu, sich halbnackt auf einem Tisch tanzend der ganzen (Youtube-)Welt zu offenbaren, nur um zu fünfzehn Minuten Ruhm zu kommen? Auch hier liegt die Antwort in der menschlichen „Natur“. Denn seit jeher treibt die Menschen eine tiefe Sehnsucht nach der Unvergänglichkeit um.

„Ich werde deinen Namen groß machen“, versprach Gott schon dem Abraham: Unsterblichkeit durch unzählige Nachkommen. Der tiefe Wunsch des Menschen, dass am Ende etwas übrig bleibt von einem selbst, ist so verständlich wie natürlich. Und vielleicht ist der Drang nach Berühmtheit in einer „Kultur des Mülls“ Ausdruck dafür, wie sehr Menschen an dieser Sehnsucht verzweifeln. An der Angst, dass am Ende nichts bleibt. Insofern wäre ein sensibler Umgang mit der Trashkultur angezeigt.

Doch mehr als ein Ausdruck dieser Sehnsucht und dieser Angst kann die Trashkultur nicht sein. Antworten findet man dort nicht. Denn auch wer millionenfach auf Youtube angeklickt wird oder seinen Lebensabend auf einer Mittelmeer-Yacht verbringt, wird sich am Ende die Frage stellen: Was bleibt? Definiert sich Freiheit nur darüber, dass wir tun und lassen können, was wir wollen?

Das wirkliche Glück

Eine Freiheit, die sich nur um das Individuum selbst dreht, bleibt egoistisch. Freiheit im Lichte christlicher Nächstenliebe heißt immer vor allem eines: Verantwortung zu übernehmen für sich und seine Mitmenschen. Wer Freiheit und Verantwortung trennt, bekommt Egoismus. Und leider geschieht dies allerorten: Freiheit wird mit der Erfüllung individueller Bedürfnisse gleichgesetzt. Und dabei wird vergessen, dass wir durch diese Erfüllung keineswegs frei sind, sondern im Gegenteil zutiefst abhängig von diesen Bedürfnissen. Richtig verstandene Freiheit muss immer verantwortete Freiheit in Beziehung zu einem Gegenüber sein – sei der Nächste oder Gott. Nur so können wir erkennen, dass das, wonach es uns gerade verlangt, nicht das Maß aller Dinge ist.

Ist das Streben nach Ruhm tatsächlich der Sinn, der uns umtreiben sollte? Ruhm, individuelles Glück und Gesundheit sind selbst vergängliche Schlagworte, an denen Menschen deshalb letztlich nicht viel gewinnen, aber sehr wohl tief verzweifeln können. Leben hat auch dann Sinn, wenn man nicht berühmt ist. Leben hat auch dann Sinn, wenn man nicht mit Glück oder Gesundheit gesegnet ist.

Man sollte deshalb die Grundfrage umkehren, die sich in der Trashkultur verkörpert: Es geht nicht um das, was bleibt – sondern um das, was kommt.

[Dieser Text erschien bereits am 13. September 2013 in der Zeitschrift Publik-Forum (17/2013), Postfach 2010, 61410 Oberursel.]

„Promi“ – Big Brother und Psalm 139

"Big Brother ist watching you." (Bild: jeroen020/flickr.com)
„Big Brother ist watching you.“ (Bild: jeroen020/flickr.com unter cc-by-sa)

Ich habe einige Zeit darüber nachgedacht, über das Thema „Promi-Big Brother“ einen Beitrag zu schreiben. Vor allem deshalb, weil es eine Konsequenz hätte: Ich müsste mir eine Folge, zumindest Ausschnitte davon, anschauen. Ich habe mich schließlich dafür entschieden. Allzu lange habe ich es aber nicht ausgehalten, vier (mir völlig unbekannten) Männern dabei zuzusehen, wie sie mit ihrem nackten Oberkörper versuchten, einen Eisblock zum Schmelzen zu bringen, in dem ein Schlüssel versteckt war. Ihr werdet nicht glauben, was der Einsatz war: ein paar Schachteln Zigaretten.

Promi-Big Brother: 14 Tage, zwölf „prominente“ Menschen, die ganze Nation schaut ihnen beim rumsitzen, schlafen, rauchen und anzicken zu. Zumindest war das die Hoffnung der Produzenten. Doch die Nation scheint sich zu wehren. Die Einschaltquoten sind im Keller, inzwischen ist Sat.1 offenbar so verzweifelt, dass sie Komparsen als Zuschauer für die Live-Sendung anheuern. Der Stundenlohn dafür, den TV-Größen Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher beim moderieren zuzusehen: 6 Euro. Ganz offensichtlich nehmen die Menschen Tickets für die Show nicht einmal geschenkt. Ein Funken Hoffnung, dass uns solcher TV-Müll in Zukunft erspart bleibt. Doch noch läuft die Sendung, am 27. September steigt das große Finale, das ich mir nicht einmal für 15€ Stundenlohn anschauen würde. 

„Wohin soll ich fliehen?“

Doch zum eigentlichen Thema. Was ist es denn, dass das Experiment zu einem besonderen macht? An dieser Stelle sei angemerkt: Das ursprüngliche „Big Brother“ hatte ja durchaus sehr erfolgreiche Phasen, auch in Deutschland. Der Theologe Frank Hiddemann hat in einem kurzen Aufsatz bereits religiöse Hintergründe des Big Brother-Formats in den Blick genommen. Einen davon, den er nur kurz anreißt, möchte ich genauer betrachten – und tue das anhand eines Ausschnitts aus den Psalmen, den auch Hiddemann anführt:

Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege.
Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht schon wüsstest.
Von allen Seiten umgibst du mich, und hältst deine Hand über mir.
Wohin soll ich gehen vor deinem Geist, und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?
Führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.
Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten.
Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein –,
so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht.
                                                                                                                                                          (Psalm 139, 3-5.7-12)

Es geht, unschwer zu erraten, um die Allgegenwart. Sie ist seit jeher ein Attribut, das einem transzendenten Wesen zugeschrieben wird – in welcher Weise auch immer. Und Psalm 139 macht sehr deutlich, dass mit dieser Vorstellung sowohl Unbehagen als auch Sicherheit verbunden sind. Freilich überwiegt in obigen Worten das Gefühl der Geborgenheit: Gott ist überall, und wo Gott ist, kann er mich führen und leiten, dort brauche ich nichts zu fürchten.

Andererseits bedeutet Allgegenwart auch eines: „wohin soll ich fliehen“? Es gibt keinen Rückzugsort, keinen Platz, an dem Gott nicht wäre. Der Prophet Jona stellt dies bei seiner misslungenen Flucht zum Beispiel fest. Vor Gott fliehen – das ist angesichts seiner Allgegenwart ein Ding der Unmöglichkeit. Die Folge: Dem Menschen kommt jegliche Privatsphäre abhanden. Ob das schlimm oder weniger schlimm ist, hängt viel vom jeweiligen Gottesbild ab. Der Beter des Psalms 139 jedenfalls fühlt sich dadurch geborgen; die Lösung liegt für ihn darin, Gottes Allgegenwart im Kontext der Barmherzigkeit und Liebe Gottes zu sehen.

Öffentlichkeit – ein allgegenwärtiger, allwissender und allmächtiger Gott

Und hier sind wir auch bei dem Punkt, den ich mit Blick auf „Big Brother“ ausführen möchte. Denn hier geschieht etwas, das nun ganz offensichtlich sein sollte: Der allgegenwärtige Big Brother  ist nicht irgendein transzendentes Wesen. Vielmehr ersetzt die „Öffentlichkeit“ (was auch immer das nun genau heißt) das, was für den Psalmbeter Gott war. Was dabei aber im Titel durch den Namen „Großer Bruder“ kaschiert wird: Da wird plötzlich eine unkontrollierbare Größe, die mediale Öffentlichkeit, zum Allgegenwärtigen. Und der „Große Bruder“ ist kein Beschützer, sondern jemand, dem man hilflos ausgeliefert ist.

Und damit fällt die erste Komponente der göttlichen Eigenschaft der Allgegenwart weg. Es hat nichts mit Sicherheit und Geborgenheit zu tun, wenn (potenziell) Millionen von Menschen jede Sekunde allgegenwärtig sind. Die Allgegenwart reduziert sich auf den zweiten angeführten Aspekt, die Unmöglichkeit der Flucht, das Abhandenkommen jeglicher Privatsphäre. Es ist nicht möglich, dies in einen Kontext der Barmherzigkeit und Liebe zur einzelnen Person einzuordnen. Denn dieser Kontext fehlt. Es geht in erster Linie um die Befriedigung eines öffentlichen Voyeurismus, nicht um die Individuen im Container.

Die Öffentlichkeit als allwissender, allgegenwärtiger Gott – das ist keine schöne Vorstellung. Zumal dann nicht, wenn man sich die Macht (…Allmacht?) vor Augen führt, die diese Öffentlichkeit über die armen Seelen im Container ausübt. Das ist nicht einmal unbedingt die Macht darüber, was passiert, wenn man aus dem Big Brother-Haus herauskommt (Ruhm oder ewige Pein-lichkeit?). Nein, die Machtausübung beginnt schon vor dem Einzug, beim Verlangen der „Promis“ danach, überhaupt an diesem Experiment teilzunehmen. Der Wunsch, sich der Allgegenwart der Öffentlichkeit auszuliefern, lässt tief blicken. Und erkennen, wie abhängig manche von diesem „Gott“ bereits sind.

Kreuzberg und das Weihnachtsverbot

Weihnachten wird abgeschafft! Es ist nur eine Frage der Zeit! Schreit auf! Viele Christen empören sich in diesen Tagen über einen Beschluss des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, der, so titelt die BZ, „Weihnachten verbietet“ . Doch ganz so einfach ist die Sache nicht, und bevor man in große Hysterie einstimmt, sollte man einige Dinge beachten.

Der Versuch, alles ein wenig zu sortieren.

1. Die Quellen

Mit Schrecken stelle ich fest, wie unbedacht in dieser Sache auf  Webseiten verlinkt wird, ohne deren Seriosität zu überprüfen. Die Folge: ganz unterschwellig wird (siehe Quelle 1) rechtem, wenn nicht sogar ultra-rechtem, Gedankengut Tür und Tor geöffnet. Weshalb? Deshalb:

  • Quelle Nr. 1: Indexexpurgatorius’s Blog
    Auch ich bin über diesen Blog zum ersten Mal auf die Meldung der BZ gestoßen. Doch sie wird dort nicht bloß verlinkt, sondern auch äußerst polemisch kommentiert. Derzeit ist dieser Blog – so scheint es zumindest bei einem Blick auf meine Facebook-Timeline – der wohl am meisten verlinkte Artikel zu dem Thema. Doch um was für ein Blog handelt es sich? Ich wurde stutzig, als ich darauf aufmerksam wurde, dass dieser Blog zum Weihnachts-Thema offenbar wohlwollend durch pi-news.net verlinkt wurde. Noch stutziger wurde ich, als ich kein Impressum fand, sondern stattdessen, oben links, einen Link: „Per Gesetz gegen GG Art. 3„. Was sich hinter diesem Link verbirgt, ist mehr als befremdlich, falls es ernst gemeint ist:

    Auch heute, lange nach dem ersten Zuzug der Gastarbeiter, blickt der Deutsche auf den Migranten noch immer wie auf den armen Verwandten aus dem Tierreich – nur das überhebliche Wohlwollen ist verschwunden. Noch sagt es keiner öffentlich, aber insgeheim glaubt jeder: Die Stinker fressen uns die Haare vom Kopf. […]  Deutschland ist am Ende, weil es 6,7 Millionen Arschgeigen an der Backe hat. Ihr Hauptberuf ist Betrügen und Drogenhandel und andere Straftaten, in ihrer Freizeit die Hauptschule schmeißen, Jugendliche abziehen und Rentner verkloppen und wenn sie nicht mindestens genauso viel Valuta kriegen für ihre Faulheit wie Deutsche, die jahrelang in die Sozialsysteme einzahlten, fangen sie an zu drohen und zu randalieren. Das ganze Land haben sie 40 Jahre ausgepresst und mehr die eigene Population verdoppelt als das BIP, und statt jetzt mal umsonst zu Hacke und Spaten zu greifen wie die 45, fliegen sie mit Billigbombern in ihr Ursprungsland und verjuxen ihre Stütze.

    Die Themen des Blogs und die Leser-Kommentare unter den Artikeln bestätigen ganz offenbar, dass es sich hier um einen Blog handelt, der Gedankengut verbreitet, das selbst der NPD zu rechts wäre.

    Ich wiederhole: Dieses Blog ist offenbar eine der meistzitierten Quellen für das „Weihnachts-Verbot“. Viele, die darauf verlinken, wissen sicher nicht, was sich dahinter verbirgt, und vielleicht interessiert es sie auch nicht. Ist das die neue Internet-Blog-Kultur? Alles für bare Münze nehmen, was man im Netz findet, ohne es zu hinterfragen?

  • Quelle Nr. 2: MMnews
    Eine weitere Quelle, die mir in meiner Timeline präsentiert wird, ist MMnews.de. Die hat ein ordnungsgemäßes Impressum und klar zu differenzieren von der ersten Quelle! Offenbar hat man bei MMnews.de aber nicht die Muße, Artikel sauber zu recherchieren. Der Beitrag über das „Weihnachts-Verbot“ ist tendenziös und vor allem: sachlich falsch. Das wird vor allem an einer Aussage deutlich:

    Außerdem dürfen keine sogenannten Ehrenmedaillen an Anhänger von Religionen verteilt werden. Wer also christlichen Glaubens ist und sich um seinen Bezirk verdient gemacht hat, geht in Zukunft leer aus.

    Das ist so falsch, dass es falscher nicht sein könnte. Diese Ente wurde von BZ-Kolumnist Gunnar Schupelius in die Welt gesetzt (den Artikel habe ich vor einigen Tagen gelesen – er scheint inzwischen nicht mehr online zu sein, da er offensichtlich falsch ist). Es ging dem Beschluss des Bezirksamtes lediglich darum, dass eine Auszeichnung für das Engagement innerhalb einer bestimmten Religionsgemeinschaft nicht seitens des Staates vergeben werden kann (sprich: Wer besonders viele Bibeln in der Fußgängerzone verteilt, kann dafür nicht vom Bürgermeister ausgezeichnet werden). Wer sich aus christlicher, muslimischer oder jedweder anderer Motivation um das Gemeinwohl verdient macht, kann diese Auszeichnung sehr wohl erhalten (entsprechende Mitteilung hier).

    Also: Vorsicht. Saubere Berichterstattung sieht anders aus.

Was ich damit sagen will: Prüft eure Quellen! Vor allem (aber nicht nur), wenn ihr sie nicht kennt! Wie soll man auf so einer Grundlage vernünftig diskutieren? Die einzigen, wirklich bekannten Medien (die dementsprechend einen Ruf zu verlieren haben), die nicht dem Boulevard-Journalismus zuzuordnen sind und über das Thema berichten, sind, soweit ich sehe, die Berliner Zeitung und die taz. Und, wie zu erwarten: Die Reduzierung auf ein „Weihnachts-Verbot“ wird dem Thema nicht gerecht. Sie hilft entsprechend auch niemandem weiter, außer denen, die sich einfach mal wieder über irgendetwas aufregen wollen.

2. Geht es um ein Weihnachts-Verbot?

Wenn man nur die reißerischen Überschriften und vielleicht noch Teaser der entsprechenden Blogs und Boulevard Artikel liest, wird suggeriert: Da haben sich ein paar Stadträte zusammengesetzt und kurzerhand beschlossen, Weihnachten zu verbieten. Das ist, gelinde gesagt, Schwachsinn.

Es geht in erster Linie um die Tatsache, dass ein beantragtes Ramadan-Fest nicht genehmigt wurde. Davon ausgehend wurde offenbar beschlossen, dass religiöse Feste generell auf öffentlichen Plätzen nicht mehr genehmigt würden (ich hätte gerne den Beschluss eingesehen, habe ihn aber nicht gefunden. Ich muss mich also auch auf Medien, in diesem Fall Berliner Zeitung und taz, berufen). Also, es geht nicht explizit um Weihnachten, sondern Anlass des ganzen war der Ramadan. Die Berliner Zeitung titelt deshalb weit treffender (weil sachlicher und damit weniger reißerisch): „Ramadan-Feier untersagt“.

[Nachtrag 3.9.2013, 16:07 Uhr:

Der Tagesspiegel hat offenbar vor fast zwei Wochen (!), am 20. August, schon darüber berichtet: „Winterfest statt Weihnachtsfest“ . Zitat: „Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) stellt daher klar: „Ich kenne keinen Beschluss, der es Veranstaltern verbieten würde, ihren Festen religiöse Namen zu geben.“ Bei der heterogenen Bevölkerung wäre es ihrer Meinung nach abwegig, religiöse Gruppen so zu diskriminieren. Einige Veranstalter verzichteten aber auf religiöse Bezeichnungen, um zu zeigen, dass das Fest für Bürger jeden Glaubens und auch solche ohne Glauben offenstehe.“

Nachtrag Ende]

3. Die Ebene der Diskussion

Eine weitere Frage, die gestellt werden muss, bevor man in Hysterie verfällt: Was sind die Argumente für ein solches Verbot?  Die Berliner Zeitung zitiert Peter Beckers, den zuständigen Ordnungsstadtrat, so:

Peter Beckers (SPD), der zuständige Stadtrat, weist den Vorwurf zurück. Dass das Ramadan-Fest nicht gestattet worden sei, gehe schon auf das Jahr 2007 zurück. Damals habe die Islamische Förderation [Tippfehler im Original, Anm. Theopop] den Antrag auf ein 30 Tage dauerndes Fastenbrechen auf öffentlichem Straßenland gestellt, und das gleich für mehrere Jahre hintereinander. „Wir haben das abgelehnt, weil wir keine geeigneten Plätze hatten“, sagt Beckers. Aus Gründen der Gleichbehandlung seien seitdem auch keine anderen Ramadan-Feste zugelassen worden.

Man darf nicht vergessen, dass es sich bei der Diskussion um eine kommunalpolitische handelt. Da spielen Fragen zum Beispiel nach geeigneten Örtlichkeiten, Lärmbelästigung und Anwohnern eine große Rolle. Und auch, was offenbar diesmal ausschlaggebend war, die schiere Menge der Straßenfeste, die beantragt werden. Der taz sagte Beckers offenbar auch, dass man auf der Suche nach einer Lösung sei, indem man einen bestimmten Festplatz für Straßenfeste finde, auf dem dann auch religiöse Feste stattfinden könnten.

4. Also: Alles okay?

Die Ausführungen oben sollen deutlich machen, dass die ganze Sache komplexer ist, als sie dargestellt wird. Natürlich: Man sollte einen kritischen Blick auf die Entwicklungen haben und sie mit einer Diskussion begleiten. Denn Stadtrat Beckers sagte auch: „Wir wollen keine Selbstdarstellung von Religiösität in der Öffentlichkeit befördern“ (zitiert aus der taz). Und solche Aussagen sollten zu denken geben. Ist nicht die ungestörte Ausübung der eigenen Religion, dazu gehören auch Ramadan-Feste, ein Grundrecht? Da war doch was! (Übrigens liegt der Bezirksverordnetenversammlung in Friedrichshain-Kreuzberg eine entsprechende Anfrage seit fast einer Woche vor.)

Nein, man sollte nicht stillhalten und solche Beschlüsse einfach hinnehmen, das tut aber im Übrigen auch die EKBO nicht, die Landeskirche vor Ort. Dort kündigt man sogar rechtliche Schritte an, sollte der Ernstfall eintreten.

Man sollte aber auch nicht unreflektiert reißerische Schlagzeilen verbreiten, die sich so einfach nicht halten lassen. Denn die Dinge sind meistens komplizierter, als sie aussehen. Und sie kommen – gerade im Internet – nicht immer aus seriösen Quellen.

Es gilt also, wie so häufig: Lasst uns diskutieren, uns einmischen, unsere Meinung sagen. Aber informiert, fruchtbar und vernünftig, bitte. Empörung allein hilft nicht.

[Nachtrag 4. September, 11:15 Uhr

Gestern noch wurde offenbar eine Pressemitteilung der Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann zu diesem Thema veröffentlicht. Sie soll an dieser Stelle nicht fehlen. Denn da wird aus dem Weihnachtsverbot plötzlich: Ein großes Missverständnis?

Link zur Original-Pressemitteilung

Pressemitteilung Nr. 88/2013 vom 03.09.2013
In Friedrichshain-Kreuzberg wurden und werden keine Feste wegen ihres religiösen Charakters untersagt oder benachteiligt.

Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat entgegen verschiedener anders lautender Berichterstattungen nicht entschieden, Veranstaltungen mit religiösem Hintergrund auf öffentlichen Flächen zu versagen.

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann hat den Sachverhalt auch wegen verschiedener Berichte in regionalen und überregionalen Medien in den vergangenen Tagen und aufgrund von besorgten Nachfragen von Bürgerinnen und Bürgern geprüft.

In den letzten Jahren gab es nach Auskunft der zuständigen Abteilung keine Ablehnungen von Anträgen auf Sondernutzung im öffentlichen Straßenland mit der Begründung, Feste oder Veranstaltungen dürften wegen ihres religiösen Charakters nicht genehmigt werden. Auch haben im Bezirk in den letzten Jahren zahlreiche Weihnachtsmärkte stattgefunden.

Offenbar hat die zuständige Abteilung allerdings in einzelnen Fällen bei entsprechenden Anfragen von Institutionen – u. a. eines Quartiersmanagements – irrtümlich auf eine Entscheidung des Bezirksamtes in einem Einzelfall aus dem Sommer 2007 verwiesen und mitgeteilt, Veranstaltungen von Religionsgemeinschaften und religiöse Feste können nicht genehmigt werden.

Das entspricht weder der Beschlusslage im Bezirksamt, noch wäre eine solche Handhabung rechtmäßig.

Bei der Entscheidung vor 6 Jahren ging es um einen sehr kurzfristig eingegangenen Antrag auf Sondernutzung im Straßenland für das mehrtägige Aufstellen eines Zeltes für mehrere hundert Menschen. Diesen Antrag hatte das Bezirksamt nach Abwägung damals nicht unterstützen können.

Gegenüber der zuständigen Abteilung hat die Bezirksbürgermeisterin klargestellt, dass ein religiöser Hintergrund selbstverständlich keine Entscheidungsgrundlage bei entsprechenden Anträgen sein kann. Vielmehr sind alle prüffähigen Anträge auf Sondernutzung öffentlicher Flächen im Rahmen der Regelungen z. B. des Berliner Straßengesetzes gleichberechtigt zu prüfen.

Bei Entscheidungen über die Realisierbarkeit spielen ausschließlich objektive Kriterien (Verkehr, Lärmschutz für Anwohnerinnen und Anwohner, Sicherheit der Veranstaltung etc.) eine Rolle. Nicht jede gewünschte Veranstaltung kann daher in dem hoch frequentierten Innenstadtbereich zu jedem Zeitpunkt genehmigt werden.

Religiöse Orientierung der Anstragstellerinnen und Antragsteller oder die Ausrichtung der Veranstaltung sind bei dieser Prüfung aber kein Kriterium.

Vielmehr ist der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg stolz auf die Vielfalt der Religionen und Glaubensrichtungen. Das Bezirksamt schätzt unter anderem die durch Einzelne oder Gemeinschaften vielfach ehrenamtlich geleistete Arbeit, das Engagement in den Bezirksregionen und den Beitrag für das Zusammenleben im Bezirk außerordentlich.

Insoweit bedauert Monika Herrmann es ausdrücklich, wenn durch ein solches Missverständnis Gefühle von Menschen verletzt worden sind.

Nachtrag Ende]