(Bild: Public Domain/openclipart.org)
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Germanys Next Topmodel hat wieder begonnen. Inzwischen stolzieren in der neunten Staffel schicke Mädels über Laufstege, ein paar Millionen Deutsche gucken dabei zu. Ein Blick in den Wikipedia-Artikel zu Germanys Next Topmodel entlockt ein Schmunzeln: Dort kann man die Größe & Maße aller Endrundenteilnehmerinnen detailliert nachlesen. Und, siehe da: das Ideal von 90-60-90 erreichte bisher keine!

Für viele Beobachter ist „Germanys Next Topmodel“ geradezu das Paradebeispiel für eine moderne Gesellschaft des „Körperkultes“, in der Aussehen  und Schönheit zu den wichtigsten Attributen einer Person gehören. Immer wieder wird das kritisiert. Doch diese Kerbe ist schon tief genug – deshalb möchte ich gerne etwas anders an die Sache herangehen (wenn auch mit einem ähnlichen Fazit): Körperkult? Das ist doch nichts neues!

Lasst uns die Schönheit genießen!

Der Körper spielt seit jeher in zahlreichen Religionen eine zentrale Rolle. Reinigungsrituale finden wir zuhauf, sei es im Islam, im Buddhismus, im Hinduismus oder im Judentum. Natürlich haben hier – beachtet man die Entstehungszeiten solcher Rituale – auch hygienische Faktoren eine Rolle gespielt. Aber theologisch ist der Körper nicht unwichtig: Er ist gewissermaßen Schnittpunkt verschiedener Wirklichkeitsebenen. Kurz: Geist trifft Materie. Paulus bringt die Bedeutung des Körpers für das Christentum z. B. in 1. Kor 6,12-20 auf den Punkt. Seine Ausführungen gipfeln in folgender Aussage: 

Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört? Denn ihr seid teuer erkauft; darum preist Gott mit eurem Leibe. (1. Kor 6,19f)

Der Geist ist im Körper beheimatet, und der Körper bewegt sich in der Welt und interagiert mit ihr. Der Körper ist deshalb zu pflegen, sauber zu halten und zu ehren. Natürlich gab (und gibt) es auch z. B. im Christentum stets leibfeindliche Traditionen, die vor allem platonischen und gnostischen Einflüssen Raum geben. Körperlichkeit spielt vielleicht im Christlichen deswegen eine geringere Rolle als in manch anderen Religionen. Aber das wäre ein anderes Thema.

Worum es hier geht: Körperkult ist kein Teil einer wie auch immer gearteten (Post-)Moderne. Nichts, das erst durch das Ideal „90-60-90“ Einzug in die Köpfe der Menschen gefunden hätte. Der Körper wurde und wird seit jeher gepflegt, gewaschen, durch bestimmte Rituale besonders betont. Denn Körper und Geist sind nicht so einfach zu trennen. Man könnte also sagen: Germanys Next Topmodel – hurra! Lasst uns doch die Schönheit der Körper genießen! 

Alles gut auf dem Laufsteg?

Aber halt – man muss da schon noch etwas weiterdenken. Denn es gibt natürlich einen wesentlichen Unterschied. Wenn Religionen dem Körper durch Waschungen oder Rituale eine bestimmten Wert zumessen, dann deshalb, weil er in einer körperlichen (materiellen) Welt  als Schnittpunkt auf das Geistige verweist – in vielen Religionen also auf Gott. Geht diese „Verweisfunktion“ bei Heidi Klums jungen Laufsteg-Hüpfern verloren? Ich glaube nicht.

Es gibt in der Tat etwas, auf das hier verwiesen wird, das sozusagen zu einem „Wert an sich“ wird: Die Schönheit selbst. Sie wird zum erstrebenswerten Zustand, das „90-60-90“ zum höchsten, geistigen, unerreichbaren Gut. Der Körper hat immer noch eine Verweisfunktion – aber nun nicht mehr als Verehrung eines Gottes, der an sich unfassbar und unbegreifbar ist. Vielmehr wird auf den Gott der Schönheit hingewiesen, der sich an klaren Maßen und Idealen festmachen lässt (die sich freilich, je nach Kultur und Epoche, auch ändern können). 

Das Fazit also: Nein, es ist nicht schlecht, sich an Schönheit zu freuen. Es ist auch nicht zu verurteilen, danach zu streben, seinen Körper zu pflegen und z. B. durch Diäten gesund zu halten. Das Problem, das „Germanys Next Topmodel“ verkörpert, ist kein neues: Kritisch wird es da, wo die Schönheit und Ästhetik zum höchsten Gut und Gott wird. Dieser Gott nimmt nicht bedingungslos jeden an. Er hat klare Forderungen – die hässliche Fratze eines Gottes, der nur auf den ersten Blick sexy ist. Es sind Forderungen, an denen Menschen zerbrechen können, wenn sie ihnen nicht gerecht werden. Und es ist ein Gott, der (im schlimmsten Fall) Kinderopfer verlangt

Veröffentlicht von Fabian M.

Fabian Maysenhölder, Diplom-Theologe und Online-Journalist, ist Herausgeber des Blogs "Theopop". Während seiner Berliner Studienzeit wurde bei ihm in einem Seminar zu dem Thema „Kirche in den elektronischen Medien“ Interesse für diesen Forschungsbereich geweckt, der immer mehr an Bedeutung gewinnt – nicht nur für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit. In seiner Freizeit spielt er Badminton und engagiert sich ehrenamtlich in der Straffälligenhilfe.

Eine Antwort auf &‌#8222;Topmodels, schlanke Körper und ein sexy Gott&‌#8220;

  1. Hi Theo
    Schöner Beitrag.
    Ich glaube, dass der Körper der materielle Spiegel unserer Seele ist. Wie kann es anders sein, wenn man bedenkt, dass Krankheiten, entgegen der herkömmlichen Wissenschaft, immer Ausdruck seelischer Verletzungen sind.
    Heile die Seele, dann verschwindet die Krankheit.
    Schön sein ist Pflicht! Schöheit pflegen ebenso. Jedoch, und da stimme ich Dir vollkommen zu, wenn das Ego die Oberhand hat können Menschen daran zerbrechen.
    …übrigens Gott IST sexy, weil er in jedem von uns steckt!
    Liebe Grüsse
    Pepe

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