Vor einiger Zeit gab es bereits drei kuriose religiöse Smartphone-Apps im Test bei Theopop. Doch es ist ja nicht so, dass es nur drei kuriose Smartphone-Apps gibt, die etwas mit Religion zu tun haben. Und weil es durchaus ganz amüsant ist, sich solche Dinger genauer anzuschauen, kommt hier ein Nachschlag (vielleicht nicht der letzte). Heute im Theopop-Test: Die Android-App „Pocket Voodoo“.

Aus der Beschreibung

In der App-Beschreibung heißt es:

Eine Voodoo-Puppe, in der Voodoo-Religion verwendet, repräsentiert den Geist einer bestimmten Person als Folge eines speziellen Ritual. Nach der Zeremonie hat der Besitzer die Möglichkeit, die Person in Übereinstimmung mit seinen Wünschen und Vorstellungen zu beeinflussen, mit Hilfe eines Voodoo-Puppe als Vermittler. Die Applikation wird Ihnen helfen, Hexerei Fähigkeiten zu meistern. Für alle, die nach einem Heilmittel sucht, um Stress zu reduzieren!

Abgesehen davon, dass die Übersetzung des Textes ganz offensichtlich von unserem Freund Google-Translator übernommen wurde, hört sich das doch ganz gut an. Ein Heilmittel zur Stress-Reduktion. Hexerei-Fähigkeiten. Die Möglichkeit, Vorstellungen und Handlungen anderer Personen zu beeinflussen. Das ist doch mal eine Ansage! Und ich brauche nicht einmal eine echte Voodoo-Puppe, das digitale Pendant mit draufgepinntem Bild tut’s auch.

Die Testperson

(Screenshot Pocket Voodoo/fm/Theopop)
(Screenshot Pocket Voodoo/fm/Theopop)

Ich bin ja ein freundlicher Zeitgenosse, anderen Menschen tue ich – in der Regel – nicht gern weh. Mit wem als „Puppe“ soll ich die App also testen? Die Lösung liegt auf der Hand: mit mir selbst. Das hat nicht nur den Vorteil, dass ich eventuell aufkommende Schmerzen nur mir zufüge. Es bietet auch die Möglichkeit, die Auswirkungen sofort zu überprüfen. Perfekt! Das Selbstbildnis ist  per app-interner Funktion rasch gemacht und auf den Kopf der virtuellen Puppe gepinnt. Aspirin, Paracetamol und diverse andere Schmerzmittel liegen für den Ernstfall bereit. Der Test kann beginnen.

Aus den Lautsprechern meines Smartphones dringen gruselige Hintergrundgeräusche, ein langezogenes „Aaaoooooooohhhhhh“, mit Halleffekten versorgt, soll die richtige Stimmung bringen. Klappt nicht so richtig. Ich habe vier Möglichkeiten, die Puppe zu malträtieren: durchschütteln, mit Nadeln pieksen, anzünden (per Feuerzeug) und anschreien. Legen wir mal los.

Die grausame Schüttel-Folter

Das Durchschütteln funktioniert ganz simpel: Per Touch-Steuerung schwurbelt die Puppe über das Display, je schneller, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass ihr diverse Extremitäten abgerissen werden. Als schließlich Arme und Beine separat über den Bildschirm flitzen, wage ich einen Kontrollblick. Alles noch dran. Den Kopf lasse ich dennoch vorsichtshalber auf der Puppe. Man weiß ja nie.

Fazit: Vielleicht treten die Nebenwirkungen ja mit Verzögerung ein. Arme und Beine sind schließlich im Laufe der Zeit ganz gut an meinen Körper angewachsen.

Das gnadenlose Nadel-Pieksen

Wechsel in den Nadel-Modus. Da bin ich Einiges gewöhnt: Impfen, Blutspenden, Akupunktur, Kakteen – alles schon dagewesen. So leicht kann mich also nichts schocken. Da Arme und Beine schon weg sind (d.h. die Nervenstränge der Puppe bereits abgetrennt sind und dort dann nichts spürbar wäre), platziere ich die Nadeln zielgerichtet im Bauch und auf dem Kopf (Augen, knapp verfehlt). Eine schmerzliche Erinnerung an Seitenstechen im Sportunterricht durchfährt mich. Doch dabei bleibt es. Auch mein Augenlicht ist noch da – aber diese Nadeln waren ja auch nicht präzise platziert.

Fazit: Vielleicht habe ich die Voodoo-Energiemeridiane verfehlt, anders kann ich mir diesen Misserfolg nicht erklären.

Die Feuerprobe

Jetzt wird’s heiß. Das Feuer kommt zum Zug. Schon vor der ersten Brandwunde wird mir so richtig warm um’s Herz: Feuer, das ist doch etwas durch und durch romantisches! Ich rieche den Rauch, höre das Knistern des trockenen Holzes am Lagerfeuerplatz, sehe die Funken, die sich flüchtig in die Nacht verabschieden. Hach, wie schön.

Fazit: Der leichte Rauchduft kommt nicht aus meinem Handy, sondern aus unserem Kachelofen.

Schreien – volle Kanne!

In dieser gemütlichen Atmosphäre steht nun die letzte Folter an: schreien. Und das kann wirklich grausam sein. Ich wappne mich (Ohropax liegt bereit) – und drücke den entsprechenden Button. Es passiert nichts. Auf dem Bildschirm erscheint ein Zeichen, das mich an RSS-Feeds erinnert. Es soll wohl Lautstärke symbolisieren – mein Smartphone aber schweigt. Dann dämmert es mir: Natürlich, ich muss selbst schreien! Also, Ohropax rein und los. Tatsächlich, es funktioniert. Ich höre laut und deutlich alles, was ich meinem Puppen-Alter-Ego an den Kopf werfe. Und gleichzeitig bin ich sauer darüber, wie man mich nur so unverschämt beschimpfen kann.

Fazit: Wow, bin ich fies zu mir!

Alles (noch) da, aber nicht jugendfrei

Das war ganz schön anstrengend, eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Ich bin etwas beruhigt, dass Arme und Beine noch dran sind. Das werde ich genießen. Bei der Akupunktur-Folter kann ich nicht ausschließen, dass ich eventuell vorhandene Meridiane verfehlt habe, mit Voodoo kenne ich mich nicht besonders gut aus. Eine entsprechende Erklärung in der App gibt es leider nicht. Beim Feuer war ich etwas abgelenkt.

Wirklich gut funktioniert hat das Anschreien. Ich bin etwas baff, dass doch was dran zu sein scheint an dieser Voodoo-App. Und unter Umständen sind da Ausdrücke zu hören, die ganz sicher nicht jugendfrei sind.

Das Gesamtfazit also: Für diese App sollte es eine Altersbeschränkung geben, wegen der Schrei-Funktion. Der Rest scheint harmlos zu sein. Auch der Kopf, den ich mir schließlich doch noch abgerissen habe, ist noch gggggggggggggggy#kNjvh.hk.kbE’asffffffffffffffffffffffffffffffffy:

Veröffentlicht von Fabian M.

Fabian Maysenhölder, Diplom-Theologe und Online-Journalist, ist Herausgeber des Blogs "Theopop". Während seiner Berliner Studienzeit wurde bei ihm in einem Seminar zu dem Thema „Kirche in den elektronischen Medien“ Interesse für diesen Forschungsbereich geweckt, der immer mehr an Bedeutung gewinnt – nicht nur für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit. In seiner Freizeit spielt er Badminton und engagiert sich ehrenamtlich in der Straffälligenhilfe.

5 Antworten auf &‌#8222;„Pocket Voodoo“ im Test: zum Fürchten!&‌#8220;

  1. Pingback: theolounge.de
  2. Was für Apps alles in der Welt so gibt. Wäre nie auf die Idee gekommen selbstständig nach so einem App zu suchen. Ist bestimmt funny, aber wird bestimmt zu den Apps gehören: die man runtergeladen, etwas gespielt und vorgezeigt und am Ende gelöscht hat.

    Werde ich mir runterladen 🙂

    1. Jep, die App wurde bei mir auch gleich wieder gelöscht. Für einen dauerhaften Speicherverbrauch war sie mir dann doch zu sinnlos…

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