(Bild: ank0ku/flickr.com unter cc-by-sa)
(Bild: ank0ku/flickr.com unter cc-by-sa)

Einfach mal in gemütlicher Atmosphäre über den Tod quatschen, das wär doch was. Sich bei einer Tasse Kaffee darüber austauschen, wie man sich das so alles vorstellt, kurz davor, währenddessen, danach. In sogenannten „Death Cafes“ (vor allem in den USA) passiert genau das: Da treffen sich Leute, denen es ein Bedürfnis ist, sich über das Lebensende auszutauschen, zum Kaffee. Und dann wird gequasselt, wonach einem gerade ist. Hauptsache es hat mit dem Tod zu tun.

Das Ganze funktioniert im Prinzip wie eine Art Non-Profit Franchising. Das heißt: „Death Cafes“ sind nicht bestimmte Lokalitäten, in denen immer nur über den Tod geredet wird. Vielmehr kann jeder, der ein Cafe o.ä. besitzt oder mietet, ein Todes-Cafe veranstalten. Auf deathcafe.com können die Veranstalter dann Ort und Zeit bekannt geben, damit die Todes-Talker auch wissen, wo der nächste Kaffeklatsch steigt. Dort findet man auch eine detaillierte Anleitung, falls man selbst ein solches Treffen veranstalten möchte.

Die Initiatoren dieser Bewegung schreiben auf deathcafe.com über ihr Konzept:

At a Death Cafe people, often strangers, gather to eat cake, drink tea and discuss death. The objective of Death Cafe is ‚to increase awareness of death with a view to helping people make the most of their (finite) lives‘.

Death Cafe is now an established ’social franchise‘ that has spread quickly across the globe. To date we have offered around 300 Death Cafes to over 3,000 participants in Europe, North America and Australasia.

Ehrlich gesagt stelle ich es mir etwas verkrampft vor, sich zu verabreden, um bei einem Kaffee über den Tod zu reden. Andererseits tun wir das die ganze Zeit mit anderen Themen: Sich gegenseitig bei einem Heißgetränk auf den neuesten Stand bringen, über geschäftliche Dinge plaudern, Referate oder Präsentationen vorbereiten. Wir treffen uns häufig unter dem Vorzeichen, über ein ganz bestimmtes Thema zu sprechen. Warum also ist die (zumindest bei mir) erste Reaktion: „Mh, das ist irgendwie komisch?“

Doch je mehr ich darüber nachdenke, komme ich zu dem Schluss: Es vor allem zwei Dinge, die ich dazu sagen möchte.

1. Es ist gut, über den Tod zu reden. Der Tod ist eines der wenigen Themen, die uns alle betreffen. Für die einen ist er näher als für die anderen. Doch wir alle werden sterben. Damit verbunden sind unzählige Fragen. Und darüber sollte man reden. Dabei ist es auch völlig egal, was oder wie jemand über den Tod denkt, ob er gläubig ist oder nicht. Über den Tod gehört gesprochen, mehr als über viele andere Dinge, über die wir uns tagtäglich austauschen. Mit dem Thema sind viele Ängste verbunden, deshalb verdrängen viele Menschen jeden Gedanken darüber. Doch das halte ich für falsch. Denn dadurch, dass man sich den Tod bewusst macht, kann man den Wert des Lebens erkennen. (Nicht nur dadurch, freilich).

2. Es ist schade, dass es dafür „Death Cafes“ braucht. Es ist verständlich, dass Menschen den Themen, die ihnen Angst machen, ausweichen. Dennoch ist es schade, dass das Thema „Tod“ gesellschaftlich so an den Rand gedrängt wird. Man braucht also „Death Cafes“, um es zu thematisieren? Der Tod, der Umgang damit und die damit verbundenen Fragen sind eine Kernkompetenz der Religion. Es gibt so viele Antworten auf die jeweiligen Fragen, wie es Weltanschauungen gibt.
Man müsste einmal beobachten, wie sich diese „Death Cafe“- Bewegung weiter entwickelt. Sie zeigt jedenfalls: Es gibt das Verlangen, über dieses Thema ungezwungen zu reden. Vielleicht ist der Reiz an solchen Cafes auch, dass man die Leute, mit denen man sich trifft, nicht kennt. Das heißt: Man hat nicht das Gefühl, unter dem Label „christlich“, „buddhistisch“, „islamisch“ zu diskutieren. Wo Kirche alles daran setzt, persönlicher zu werden, auf das Individuum einzugehen – wird da vielleicht vergessen, dass es auch Räume braucht, in denen wir uns anonym bewegen können? Dass es leichter fällt, über manche Themen anonym und unpersönlich zu diskutieren, nicht mit dem Pfarrer, sondern mit Menschen, die man gar nicht kennt?

Das sind nur lose Gedankensprünge, ich bin gespannt auf eure. Vielleicht kann man aus dieser Todes-Cafe-Bewegung etwas ziehen: Mut zur Anonymität! Demnächst beim „Death Cafe“ in ihrer Nähe.

Veröffentlicht von Fabian M.

Fabian Maysenhölder, Diplom-Theologe und Online-Journalist, ist Herausgeber des Blogs "Theopop". Während seiner Berliner Studienzeit wurde bei ihm in einem Seminar zu dem Thema „Kirche in den elektronischen Medien“ Interesse für diesen Forschungsbereich geweckt, der immer mehr an Bedeutung gewinnt – nicht nur für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit. In seiner Freizeit spielt er Badminton und engagiert sich ehrenamtlich in der Straffälligenhilfe.

4 Antworten auf &‌#8222;Der Tod kommt zum Kaffee: Let’s talk about death&‌#8220;

  1. Das wäre nix für mich.
    Dazu drücke ich mich noch zu sehr vor dem Thema.
    Mir wird da jedesmal ganz schaurig :S

    Aber Kaffee nehme ich gern 😉

    Grüße Hellma

  2. Das Konzept stammt ursprünglich aus London. Das arte-Format Yourope hat darüber am 22.11.2013 berichtet: http://www.arte.tv/sites/de/yourope-de/
    Ein gutes Konzept, das einen ungezwungeneren und offeneren Zugang zum Thema erlaubt. Sehr notwendig in einer Gesellschaft, in der das Thema quasi nicht existiert.

  3. in anderen Kulturen und Religionen, wie dem tibetanischen Buddhismus, geht man wesentlich unverkrampfter mit dem Tod um. Dort ist man sich dieses Themas wesentlich bewusster und lebt entsprechend auch bewusster. Es wird höchste Zeit, dass in unserer Kultur ein Umdenken stattfindet was Ziele im Leben angeht. Dies ist leichter, wenn man sich seiner Endlichkeit bewusst wird. Dass diese Kaffees entstanden sind und auch genutzt werden, ist für mich ein Zeichen, dass das Bedürfnis nach einer solchen neuen Sichtweise wächst.

Kommentare sind geschlossen.