Der HSV-Fanfriedhof im Stadtteil Altona, direkt neben dem Stadion. (Bild: Frisia Orientalis/wikipedia unter cc-by-sa)

Vor rund vier Jahren, im September 2008, eröffnete der Hamburger Sport-Verein den ersten „Fanfriedhof“ in Europa.  Wer dort beigesetzt werden möchte, muss Mitglied des HSV gewesen sein. Bislang gibt es Ähnliches nur in Argentinien bei den „Boca Juniors“, Stammverein des legendären Diego Maradona; der bekam auf dem Vereinsfriedhof auch prompt einen Ehrenplatz unter den bis zu 3000 möglichen Gräbern versprochen.

Beim HSV sind die Dimensionen zwar etwas kleiner, dafür wird auf Details besonderen Wert gelegt. Direkt neben dem Stadion in Hamburg-Altona bietet das HSV-Grabfeld Platz für 300-500 Ruhestätten. Die Nähe zum Stadion ist den Initiatoren wichtig. Zudem entspricht die Form des Fanfriedhofs dem Aufbau eines Stadions, inklusive der Abstufungen, die die verschiedenen Tribünenränge darstellen. Der verlegte Rasen stammt vom Platz nebenan. Wer auf diesem Grabfeld beerdigt wird, kann sich außerdem sicher sein: Die Erde, die auf seinen Sarg geschaufelt wird, wurde „bespielt“. Und wer den Friedhof betritt, muss durch ein Fußballtor aus Beton schreiten. Eine Selbstverständlichkeit sind auch die Blumen in den HSV-Farben, die als blühendes Vereinsemblem die Grabstätten zieren.

Schlusspfiff…und…Verlängerung?

„Das, was dem Leben Sinn verleiht, gibt auch dem Tod Sinn“, sagte einmal der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry. Und damit beschreibt er offenbar, was sich manche Fußballfans auch denken: Die Liebe zum Ballsport  prägt nicht nur zu Lebzeiten. Es scheint unter heißblütigen Anhängern mancher Clubs das Verlangen zu geben, auch in der Ewigkeit ihrem Verein verbunden zu bleiben.

Der Abschied aus dem Leben ist seit jeher ein zutiefst religiös geprägtes Geschehen. Mit dem Tod sind viele Fragen verbunden, die nie mit Gewissheit beantwortet werden können; gerade deshalb ist dieser Bereich wie kein anderer Gegenstand des Glaubens. Was geschieht mit uns, nachdem das Spiel des Lebens abgepfiffen wurde? Die Einrichtung eines Fanfriedhofes ist das deutlichste Anzeichen dafür, dass Fußball als Phänomen der Populärkultur in einen Bereich vordringt, der lange Zeit dem Religiösen vorbehalten war. Der Symbolcharakter ist eindeutig (wie auch schon bei manchen Fanhymnen deutlich wird): Der Verein wird zu Instanz der Ewigkeit. Was im Leben wichtig war, soll auch die Ewigkeit prägen. Oder: Ist das Spiel vorbei, folgt die Verlängerung. Und waren es die Spiele des HSV, die mir die glücklichsten Momente im Leben bereitet haben, so soll nach dem Tod weiterhin bei jedem Torjubel im heimischen Stadion mein Sarg wackeln.

Konventionelle Beisetzung in neuem Rahmen

Man könnte vermuten, dass die Eröffnung eines solchen Fanfriedhofes Teil eines Wandels der Bestattungskultur ist. Die Naturbestattung wäre nur ein Beispiel für einen solchen Wandel. Abgesehen davon, dass es sich bei der „Fanbestattung“ aber tatsächlich um ein absolutes Randphänomen handelt, spricht noch etwas anderes dagegen. Auch wenn sich der Rahmen der Beerdigung drastisch ändert und sie nun im Kontext eines Fußballvereins stattfindet, so bleiben doch wesentliche Grundzüge einer „konventionellen Beerdigung“ erhalten, ja sind durch die Umstände einer Friedhofsbestattung geradezu vorgegeben. Denn letztlich ist die HSV-Bestattung nichts anderes als eine konventionelle Beisetzung in neuem Rahmen.

Presseberichten zur Eröffnung des HSV-Friedhofes kann man entnehmen, das damals rund zwei Dutzend Fans bereits Interesse für eine Grabstätte geäußert haben. Heute, nach vier Jahren, ist die Zahl der belegten Gräber noch einstellig, erklärt Philipp Piepiorka vom HSV gegenüber TheoPop. Der Friedhof aber sei ein langfristiges Projekt, „welches sich über die nächsten 20-30 Jahre weiterentwickeln wird.“ Die jetzige Generation im hohen Alter sei nicht die eigentliche Zielgruppe der Initiatoren. „Es gilt also abzuwarten, wie die Nachfrage sich in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten entwickeln wird“, so Piepiorka. Es ist also noch unklar, wie gut der Friedhof angenommen wird. Es wäre durchaus auch aufschlussreich, die Motive derer zu analysieren, die sich einmal im HSV-Sarg unter die Erde wünschen.

Aus christlicher Perspektive brachte die damalige Bischöfin der Nordelbischen Kirche, Maria Jepsen, die Sache auf den Punkt. Sie kommentierte die Eröffnung des HSV-Grabfeldes mit den Worten: „Der Mensch lebt nicht vom Ball allein.“

Veröffentlicht von Fabian M.

Fabian Maysenhölder, Diplom-Theologe und Online-Journalist, ist Herausgeber des Blogs "Theopop". Während seiner Berliner Studienzeit wurde bei ihm in einem Seminar zu dem Thema „Kirche in den elektronischen Medien“ Interesse für diesen Forschungsbereich geweckt, der immer mehr an Bedeutung gewinnt – nicht nur für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit. In seiner Freizeit spielt er Badminton und engagiert sich ehrenamtlich in der Straffälligenhilfe.

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